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Berthold Lange (Hrsg.)

Zukunftsfragen zu Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Europa. Beiträge anlässlich der Verleihung des Kant-Weltbürger-Preises 2014

Würzburg: Ergon Verlag 2015 (Spektrum Politikwissenschaft 46); 153 S.; 24,- €; ISBN 978-3-95650-102-9
„[D]ie Chance auf eine zukunftstaugliche soziale und rechtsstaatliche Ordnung besteht nur, wenn wir uns auch persönlich dem Maßstab des Kant’schen Imperativs unterwerfen“ (23). Mit diesen Worten beschreibt Berthold Lange seine Sicht auf die Zukunft demokratischer Rechtsstaatlichkeit in Europa. Lange ist Vorstand und Gründer der Freiburger Kantstiftung. Im ersten Teil des Buches wird die fünfte Verleihung des Kant‑Weltbürgerpreises dokumentiert. Anlässlich von Immanuel Kants 290. Geburtstag sowie des Europatages würdigte die Stiftung mit dieser Auszeichnung 2014 den Film „Water Makes Money“ und die türkische Rechtsanwaltsvereinigung ÇHD. Im Vorfeld der Verleihung diskutierte Jörg Sommer von der deutschen Umweltstiftung mit Podiumsgästen unter anderem das Bundesverfassungsgerichtsurteil von Februar 2014, das die Drei‑Prozent‑Sperrklausel für die Europawahl aufhob. Sommer fragte, ob dies als Sieg für die Demokratie zu werten sei – Heide Rühle, grüne Europaabgeordnete, verneinte dies, da die erhöhte Zahl an Splitterparteien die Bildung von Großen Koalitionen forciere und somit gerade kleine Parteien wie die Grünen unter dem neuen Urteil litten. Lale Akgün von der SPD stimmte in die Kritik ein. Sie bezweifelte, ob es dem Parlament nütze, wenn „‚Demokratie‑Experimentierer‘“ (29) Einzug hielten. Die Politikerin beschrieb damit ihre Skepsis insbesondere gegenüber radikalen Kleinstparteien. Auch der Jurist Oliver Lepsius fürchtete, dass Deutschland im Parlament durch diese „Ein‑Prozent‑Leute“ (30) an Gewicht verlieren könnte. Die türkische Politikerin Sema Pekta? betonte in ihrer Laudation auf die ÇHD die große Bedeutung des Anwaltsvereins für die Bürgerrechtsbewegung. Der Verein, dem sie selbst angehört, sei aus dem Widerstand gegen den Militärputsch von 1974 entstanden. Pekta? berichtete von Verhaftungen und Ausreiseverboten, die ÇHD‑Aktivisten in jüngster Zeit betrafen. Im zweiten Buchteil finden sich vertiefende inhaltliche Beiträge: Roland Reuß bezeichnet etwa in seinem kurzen Text die Geheimhaltung der TTIP‑Verhandlungen als „ein Herrschaftsinstrument, das in einer freien Gesellschaft unstatthaft ist“ (127). Er verweist dabei auf Kant, der Politik ohne Publizität ebenfalls als unrecht bezeichnet habe.
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Rubrizierung: 1.32.23.12.61 Empfohlene Zitierweise: Wolfgang Denzler, Rezension zu: Berthold Lange (Hrsg.): Zukunftsfragen zu Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Europa. Würzburg: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39788-zukunftsfragen-zu-demokratie-und-rechtsstaatlichkeit-in-europa_48172, veröffentlicht am 30.06.2016. Buch-Nr.: 48172 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken