
Young urban poor. Abstiegsprozesse in den Zentren der Sozialstaaten
Diss. Freiburg (Breisgau). - Dass Armut in individualisierten Risikogesellschaften zunimmt, wird von vielen empirischen Studien belegt. In der neueren Armutsforschung finden dabei zwei Gesichtspunkte vermehrt Aufmerksamkeit: auf der einen Seite die sozialräumliche Dimension (vor allem die Konzentration von Armut in benachteiligten städtischen Quartieren), auf der anderen Seite die Frage nach dem individuellen Umgang mit Armut (auch mit Blick auf die Bedeutung subjektiver Bewältigungsstrategien). Der Autor bringt diese Aspekte sowohl konzeptionell wie empirisch in seiner Untersuchung über junge Erwachsene zusammen, die in Städten auf Sozialhilfe angewiesen sind. Im Sinne einer handlungstheoretisch fundierten Armutsanalyse verknüpft Drilling den Capability-Ansatz Armatya Sens mit Bourdieus Kapitaltheorie und dem Sozialkapitalansatz u. a. von Putnam. Zumal die von Sen eingeführte Unterscheidung zwischen individuellen Handlungsfähigkeiten („capabilities") und den tatsächlichen Handlungsmöglichkeiten („functionings") erlaubt eine differenziertere Interpretation unterschiedlicher Armutslagen. Die empirische Basis der Studie bezieht sich auf 18- bis 25-jährige Sozialhilfeempfänger der Stadt Basel, die 1999 beim dortigen Sozialamt registriert waren. Aus der Kombination von statistischer Auswertung der Sozialhilfeakten (N = 1.259) und mündlichen Interviews mit Betroffenen entwickelt der Autor eine Typologie, die fünf Verlaufsformen der Armut Jungerwachsener unterscheidet. Insgesamt bestätigt die Studie die Vermutung, dass die „young urban poor" auf Verarmungsprozesse mit kollektivem Charakter verweisen. Zwar leben nur wenige der Untersuchten „dauerhaft von Sozialhilfe, [sie] können sich zumeist nach einer Phase der Unterstützung ablösen; die Beschäftigungs- und Lebensverhältnisse aber, in die sie sich ablösen, sind [...] eher durch Prekarität gekennzeichnet als durch Sicherheit" (316 f.).