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Armin Grunwald / Christoph Revermann / Arnold Sauter (Hrsg.)

Wissen für das Parlament. 20 Jahre Technikfolgenabschätzung am Deutschen Bundestag

Berlin: edition sigma 2012; 186 S.; 17,90 €; ISBN 978-3-8360-3587-3
In einer immer komplexer werdenden und zunehmend technisierten Umwelt steigen die Anforderungen an die Politik, die Folgen dieser Entwicklungen in ihre Überlegungen miteinzubeziehen. Dabei ergibt sich die paradoxe Situation, dass verlässliche Aussagen über die Zukunft nicht getroffen werden können, gleichwohl aber weitreichende Entscheidungen zur Gestaltung der Zukunft beispielsweise durch (neue) Technologien getroffen werden müssen. Diesen Zwiespalt beschreibt auch Thomas Petermann, langjähriger stellvertretender Leiter des Büros für Technikfolgenabschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB). Anlässlich seiner Pensionierung und des 20-jährigen Bestehens des TABs wurde der Sammelband herausgegeben. Petermann skizziert die Beziehung von Wissenschaft und Politik als durchaus problematisch, denn die Expertisen des Büros sind keineswegs direkt in politisches Handeln zu integrieren. Ähnlich beschreibt auch Armin Grunwald die parlamentarische Technikfolgenabschätzung (TA) als Teil der „Technology Governance“ (41). Er betont, dass „die Gestaltung des wissenschaftlich-technischen Fortschritts keine wissenschaftliche Optimierungs-, sondern eine politische Aufgabe ist“ (52). Gleichwohl scheint die Politik nicht mehr ohne wissenschaftlichen Beistand auszukommen, wie auch Peter Strohschneider in seinem Beitrag ausführt. Dabei hat das TAB eine Brückenfunktion im Sinne eines „ehrlichen Maklers“ (78). Die Erkenntnisse der Arbeit des Büros helfen, Zielkonflikte zu erkennen, und zeigen Optionen für die Gestaltung von Politik auf, wie Justus Lentsch festhält. Stefan Böschen bettet die Entwicklung des TABs in die sich wandelnde Landschaft der Politikberatung in Deutschland ein und zeigt eine neue Perspektive für das Büro auf – als Instrument der „gesellschaftlichen Selbstberatung“ (89). Hierzu wäre allerdings eine breitere Wahrnehmung des TABs in der Öffentlichkeit notwendig. Eine andere Richtung schlägt Leonhard Hennen ein, der das Büro im europäischen Kontext verortet und fragt, wo seine Spezifika, aber auch die internationalen Schnittstellen liegen. Eine ausführliche Würdigung der Arbeiten von Petermann bildet den Abschluss des Bandes: Drei seiner Aufsätze (aus den Jahren 1988, 1991 und 1999) werden in kommentierten Wiederabdrucken dokumentiert und zeigen wichtige Entwicklungsstationen der wissenschaftlichen Politikberatung in der Bundesrepublik. Insgesamt ist den Herausgebern ein äußerst informativer Einblick in ein außerhalb politikwissenschaftlicher Diskurse nur wenig wahrgenommenes Feld gelungen, der sich hervorragend als erster Einblick in die Materie eignet.
Sonja Borski (SBO)
Dipl.-Politologin, wiss. Mitarbeiterin. Institut für Politikwissenschaft, Zentrum für die Didaktiken der Sozialwissenschaft, Universität Bremen.
Rubrizierung: 2.321 | 5.2 Empfohlene Zitierweise: Sonja Borski, Rezension zu: Armin Grunwald / Christoph Revermann / Arnold Sauter (Hrsg.): Wissen für das Parlament. Berlin: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/35576-wissen-fuer-das-parlament_42924, veröffentlicht am 20.12.2012. Buch-Nr.: 42924 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken