
Wir holen uns die Politik zurück!
Brüggemann kritisiert die deutsche Politik dafür, dass ihr der Mut zu neuem Denken fehle. Den Bundesbürgern attestiert er, wesentlich politischer zu sein als ihre Vorväter. Die in der Gesellschaft zu beobachtende Politikverdrossenheit führt der Autor auf mangelnde Mitbestimmungsmöglichkeiten zurück. Ein Beleg dafür sei das weit verbreitete ehrenamtliche Engagement der Deutschen, denen das Ehrenamt wenigstens einen gewissen gestalterischen Einfluss ermögliche. Den politischen Parteien wirft Brüggemann vor, sich im Verlauf der bundesdeutschen Geschichte längst zu Machtapparaten entwickelt zu haben und vornehmlich an der Sicherung ihrer eigenen Position interessiert zu sein. Dies geschehe nicht immer nach den Spielregeln des Grundgesetzes. Zum einen versuchten etablierte Parteien, neuen Parteien den Aufstieg durch Gesetze zu erschweren, zum anderen benutzten sie ihr Recht zur Kandidatenaufstellung nicht nur um Wahlkreise zu gewinnen, sondern auch um eigene Parteimitglieder unter Druck zu setzen. Eine Folge dieser Entwicklung sei, dass die Politik inzwischen eher von den Parteien und nicht – wie im Grundgesetz eigentlich vorgesehen – vom Volk ausgehe. Darüber hinaus bewertet Brüggemann es als sehr bedenklich, dass die Bevölkerung sich ihre politische Meinung lieber auf der Basis von Politiktalkshows als durch Bundestagsdebatten bilde. Er kritisiert die Schaffung einer lediglich scheinbaren Realität durch das Fernsehen, die zudem durch „eine Welt von ‚Die’ und ‚Wir’“ (131) determiniert werde. Brüggemann appelliert deshalb an die Politiker, die Politik wieder in der Gegenwart zu verankern. Er fordert, die Wählerinnen und Wähler endlich wieder ernst zu nehmen und dazu zu bringen, sich am Abenteuer Politik zu beteiligen. Mit seinen intelligent vorgetragenen und fundiert untermauerten Thesen will Brüggemann seine Leser dazu animieren, sich die Politik zurückzuholen.