Skip to main content
Willi Jasper (Hrsg.)

Wieviel Transnationalismus verträgt die Kultur?

Berlin: Verlag Dr. Köster 2009 (Karlsruher Forschungsstudien: Deutschland und Europa 4); 350 S.; EUR 29,80 €; ISBN 978-3-89574-710-6
Das Türkendeutsch sei kein Ausdruck eines Sprach(erwerb)defizits, schreibt Friederike Kern, sondern eine neue Variante des Deutschen – und damit ein Beispiel für Transnationalität. Diese verweise ganz allgemein „auf die Los- bzw. Auflösung nationaler Orte und die daraus begründete Entstehung neuer Räume, die sich mit traditionellen, d. h. im Wesentlichen national begründeten Kategorien kaum mehr fassen lassen“ (221). Die Frage, ob „wir fähig [sind], einen transnationalen kulturellen Raum in eine gemeinsame Dimension des politisch-sozialen Handelns zu übersetzen“ (Jasper, 10), ist der Ausgangspunkt der Beiträge, die 2008 auf einem Symposium an der Universität Potsdam vorgestellt wurden. Dabei sollten die verschiedenen Perspektiven und Konzepte der Transnationalismus-Forschung interdisziplinär zusammengeführt werden. Und so schreiben Kultur-, Literatur-, Sozial- und Sprachwissenschaftler etwa über die Diskussion der Leitkultur in der Bundesrepublik (Manfred Görtemaker), das Judentum als eine immer schon diasporische Kultur (Micha Brumlik) oder den Umgang des Fernsehens mit Migration. Karl H. Müller-Sachse zeigt, dass Migrationsphänomene in den Medien „immer wieder als Problemthema gerahmt werden“ (200). Migranten erscheinen oft entweder als Opfer beispielsweise von Fremdenfeindlichkeit, spiegelverkehrt als Täter (Themenbeispiele: Zwangsheirat, sogenannter Ehrenmord, Parallelgesellschaft) oder – vor allem bei Comedians mit eigenem Migrationshintergrund – als Witzobjekte. „Der besondere Reiz liegt in dieser Konstellation offenbar darin, dass die ansonsten gültigen Political-Correctness-Regeln aufgrund der Doppelidentität der Akteure verletzt werden dürfen.“ (201) Ob sich dabei ein aufklärerisches Potenzial entfalte, sei allerdings eine Frage der Qualität. Insgesamt aber stellt Müller-Sachse eine positive Tendenz fest. Durch eine junge Generation von Menschen mit Migrationshintergrund, die in die Medien drängten, finde ein „Übergang von der bloßen Repräsentation zur Partizipation“ (205) statt – womit eine Integration durch die Medien erfolge.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 4.42 | 2.23 | 2.35 | 2.325 | 2.63 | 2.64 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Willi Jasper (Hrsg.): Wieviel Transnationalismus verträgt die Kultur? Berlin: 2009, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/31544-wieviel-transnationalismus-vertraegt-die-kultur_37559, veröffentlicht am 28.09.2010. Buch-Nr.: 37559 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken