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Karl-Rudolf Korte / Jan Treibel (Hrsg.)

Wie entscheiden Parteien? Prozesse innerparteilicher Willensbildung in Deutschland

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2012 (Zeitschrift für Politikwissenschaft. Sonderband 2012); 289 S.; pb., 34,- €; ISBN 978-3-8329-7736-8
In diesem Band werden die sieben Parteien untersucht, die momentan die deutsche Politik in Bund und Ländern prägen (CDU, CSU, SPD, Grüne, FDP, Linke, Piraten). Den Fallstudien geht eine Einleitung voraus, in der Jan Treibel die Diskussion entlang der zwei theoretischen Dimensionen Entscheidungsinhalte (personell oder inhaltlich) sowie Entscheidungsorte (wiederum unterteilt in die von den Politwissenschaftlern Richard Katz und Peter Mair sogenannten drei Gesichter einer Partei: „party in central office“, „party in public office“, „party on the ground“ [16]) strukturiert. Der Autor stellt eine starke vertikale und horizontale Fragmentierung von Parteiorganisationen als Charakteristikum fest und bestätigt die zentrale Rolle der parteilichen Führungseliten in den Entscheidungsprozessen. Die Untersuchungen der einzelnen Parteien sind sprachlich verständlich und fundiert. Nachteilig ist, dass den Beiträgen kein kohärentes Analysedesign zugrunde liegt, was die Vergleichbarkeit erschwert. Während Oliver D’Antonio und Christian Werwath der CDU in der Ära Merkel eine Professionalisierung der berufspolitischen Sphäre bescheinigen, erkennt Michael Weigl im Fall der CSU nach der Landtagswahl 2008 den endgültigen Abschied von der „Ein-Mann-Partei“ der Ära Franz-Josef Strauß. Die Europaparlamentarier und regionale Gliederungen agierten zunehmend selbst- und machtbewusster. Für die Linkspartei hingegen, befinden Torsten Oppelland und Hendrik Träger, bleibe nach wie vor der schon für die PDS typische Gegensatz von Reformern und Orthodoxen prägend, während die FDP laut Jan Treibel nach dem Rückzug Guido Westerwelles 2011 das für sie neue Phänomen einer kollektiven Parteiführung mit drei faktischen Spitzenakteuren (Rösler, Westerwelle, Brüderle) aufweise. Aufschlussreich ist die Untersuchung der noch jungen Piratenpartei, für die nach dem Urteil von Christoph Bieber und Markus Lewitzki eine nur schwach hierarchisierte Organisationsstruktur bis dato stilbildend ist. Sie prognostizieren, dass neben den dominanten Landesverbänden, dem Bundesvorstand und den entstehenden Landtagsfraktionen auch die Parteibasis als „diffuses Machtkorrektiv“ (219) sowie technisch versierte Software-Entwicklergruppen, die das Web 2.0-Instrumentarium für die innerparteiliche Kommunikation bereitstellen, die künftigen Machtzentren der Piratenpartei bilden werden.
Ulrich Heisterkamp (HEI)
Politikwissenschaftler, Doktorand am Institut für Politikwissenschaft der Universität Regensburg.
Rubrizierung: 2.331 Empfohlene Zitierweise: Ulrich Heisterkamp, Rezension zu: Karl-Rudolf Korte / Jan Treibel (Hrsg.): Wie entscheiden Parteien? Baden-Baden: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/35713-wie-entscheiden-parteien_43125, veröffentlicht am 03.01.2013. Buch-Nr.: 43125 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken