
Wie demokratisch ist Russland? Ein tiefenorientierter Ansatz zur Messung demokratischer Standards
Diss. Chemnitz; Gutachter: E. Jesse. – Um den Zustand der Demokratie in der Russländischen Föderation (RF) während der zweiten Präsidentschaft von Wladimir Putin (2004‑2008) zu bestimmen, nutzt Patze das Konzept zur Demokratiemessung von Hans‑Joachim Lauth. Demokratieforscher Lauth hat eine 15‑Felder‑Matrix entworfen. Sie umfasst drei Dimensionen (Freiheit, Gleichheit und Kontrolle) und fünf Institutionen (Entscheidungsverfahren, intermediäre Vermittlung, Kommunikation, Rechtsgarantie sowie Regelsetzung und Regelanwendung). Für das politische System der RF modifiziert Patze das Konzept von Lauth und untersucht konkret die Institutionen Wahlen, Parteien, Medien, Justiz und Staatlichkeit der RF. Patze differenziert diese Institutionen in 15 Indikatoren und 30 Sub‑Indikatoren. So fragt er am Beispiel Wahlen: Gibt es freie Wahlen, die geheim und unmittelbar sind? Sind die Wahlen fair, weil das aktive und passive Wahlrecht besteht? Ist die Wahlprüfungskommission souverän mit arbeitet sie mit unabhängigen und effektiven Wahlprüfern? Anhand solcher Indikatoren und Sub‑Indikatoren dekliniert Patze die Institutionen des politischen Systems der RF durch. Dadurch kann er das System einer totalitären/autoritären Diktatur oder defizitären/funktionierenden Demokratie zuordnen. Für seine Datenerhebung bezieht sich der Autor auf Gesetze, Fachliteratur, eigene Interviews und Agenturmeldungen. Patzes Ergebnis ist für Russland wenig schmeichelhaft: „Nur neun von 30 Sub‑Indikatoren erfüllen die notwenigen demokratischen Minima. Beim politischen System der RF handelt es sich demzufolge um eine autoritäre Diktatur“ (287). Patze vergleicht sein Ergebnis auch mit anderen Demokratieindizes (Freedom House Index, Bertelsmann Transformation Index). Aufgrund der verschiedenen Forschungsdesigns wird die RF mal als eine funktionierende oder defizitäre Demokratie, mal als ein autoritäres System klassifiziert. Patzes Analyse überzeugt durch die Tiefe und die Ausführlichkeit der Messung.