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Gunnar Folke Schuppert

When Governance meets Religion. Governancestrukturen und Governanceakteure im Bereich des Religiösen

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2012 (Schriften des Münchner Centrums für Governance-Forschung 6); 164 S.; 29,- €; ISBN 978-3-8329-7241-7
Religion und Politik stehen in westlichen Gesellschaften in einem ständigen Spannungsverhältnis zueinander, mit den Debatten um Kruzifix, Kopftuch, Schächten oder Beschneidung wird dies immer wieder deutlich. Diese spannungsreiche Beziehung nimmt Schuppert in den Blick, um das angemessene Verhältnis von politischen und religiösen Regimen zu analysieren. In einem ersten Schritt definiert er die zentralen Begriffe „Religion“, „Governance“ und „Regime“. Von dieser begrifflichen Grundlage ausgehend verfolgt der Autor dann drei Intentionen. Zum einen will er die Funktionslogik politischer und religiöser Regime verstehen, da sich aus dieser Folgen für die funktionale Zuordnung von Staat und Religion ergeben. Schuppert diskutiert dann fünf Modelle, mit denen eine bloße Einordnung in die gewöhnlichen Kategorien mit Bezeichnungen wie Trennungsmodell oder hinkendes Modell überschritten werden. So hält er z. B. das Konzept einer Zivilreligion für unnütz. Die zweite Intention zielt auf eine normative Pluralität. Diese entstehe vor dem Hintergrund, dass auch Religionen als Rechtsgemeinschaften aufgefasst werden könnten, wodurch sich Kollisionen zwischen den religiösen und den staatlichen Gesetzen ergeben würden. Schuppert erörtert an dieser Stelle unterschiedliche Möglichkeiten, „das Verhältnis dieser normativen Regime zueinander flexibel auszutarieren“ (115). Mit dieser Suche nach „Pluralität ermöglichenden und autonomieschonenden Governancemodi“ (115) begibt sich der Autor mitten hinein in die oben genannten Problemfälle. Im Zentrum seines Lösungsvorschlages steht die Notwendigkeit einer konkreten und kontextsensiblen Abwägung, einer praktischen Konkordanz, wie sie das Bundesverfassungsgericht in den Urteilen zum Kruzifix, zum Schächten und zum Kopftuchtragen in öffentlichen Schulen angewendet habe. Die dritte Intention betrifft Transnationalisierungsprozesse. Schuppert beklagt, dass das Staatskirchenrecht gegenüber den global agierenden religiösen Akteuren wie Judentum, Christentum und Islam blind sei. Als Fazit bleibt festzuhalten, dass es Schuppert gelingt, das Verhältnis von Staat und Religion weiter zu fassen als dies gewöhnlich der Fall ist, wodurch sich neue Perspektiven auf dieses Verhältnis eröffnen. Allerdings werden manche Themen sehr kurz abgehandelt und teils stehen sie recht unverbunden nebeneinander. Verstärkt wird dieser Eindruck durch die langen Zitate, die in manchen Abschnitten mehr Platz einnehmen als der Text des Autors. Insofern kann man das Buch als einen ersten Schritt verstehen, das Verhältnis von Staat und Religion unter neuen Perspektiven zu analysieren, eine konkrete Ausarbeitung müsste jedoch noch erfolgen.
Jan Achim Richter (JAR)
Dipl.-Politologe, Doktorand, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 5.41 | 5.42 | 4.1 | 2.21 Empfohlene Zitierweise: Jan Achim Richter, Rezension zu: Gunnar Folke Schuppert: When Governance meets Religion. Baden-Baden: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/35427-when-governance-meets-religion_42704, veröffentlicht am 30.08.2012. Buch-Nr.: 42704 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken