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Daniel Behruzi

Wettbewerbspakte und linke Betriebsratsopposition. Fallstudien in der Automobilindustrie

Hamburg: VSA 2015 (Rosa-Luxemburg-Stiftung); 421 S.; 29,80 €; ISBN 978-3-89965-679-4
Soziolog. Diss. Jena; Begutachtung: K. Dörre, C. Köhler. – Arbeitnehmer machen Zugeständnisse bei Arbeitszeit und Lohn, dafür versprechen Unternehmer, auf Kündigungen zu verzichten oder neue Investitionen anzuschieben. Daniel Behruzi sieht in dieser Art Tauschgeschäft eine „bedeutende qualitative Veränderung der Mitbestimmungspraxis“ (13). Ihn interessiert, welche Folgen diese sogenannten betrieblichen Wettbewerbsbündnisse für die Interessenvertretung haben, insbesondere ob sie für die beteiligten Betriebsräte zu Legitimitätsverlusten führen. Seine Untersuchung führt er am Beispiel der Automobilindustrie durch, da sie als „Leitbranche der kapitalistischen Ökonomie des 20. Jahrhunderts“ (12) fungiert habe und dort die Gewerkschaftsstrukturen noch relativ intakt seien. Der Autor setzt auf qualitative Forschungsmethoden, vor allem auf Experteninterviews mit zentralen Akteuren der Branche. Seine Strategie sei die der „explorativen industriesoziologischen Fallstudie“ (107). Als Fälle wählt er die Fabriken von Daimler in Sindelfingen und Untertürkheim sowie die Opel‑Werke in Rüsselsheim und am (heute nicht mehr existierenden) Standort Bochum. Bei diesen Betrieben sei die Belegschaft gewerkschaftlich gut organisiert und die Wettbewerbspakte spielten eine große Rolle. Am Beispiel Bochums macht der Autor deutlich, dass diese Pakte nicht immer erfolgreich sind: Für die „Preisgabe institutioneller Machtressourcen durch die reduzierte Freistellung von Betriebsräten“ (296) sowie weitere Konzessionen sei der Belegschaft die Vergabe der Produktion des Astra‑Modells an den Standort versprochen worden. Der spätere Bruch dieses Versprechens habe die Legitimität derartiger Zusagen geschwächt und den Verhandlungsspielraum verkleinert. Im umfangreichen Schlussteil seiner Arbeit kommt Behruzi unter anderem zu dem Ergebnis, dass Betriebsräte, die für betriebliche Wettbewerbsbündnisse fortgesetzt Zugeständnisse machen, de facto Legitimitätsverluste erleiden. So es sei in den untersuchten Betrieben zu spontanen Protestaktionen von Arbeitern gekommen, „die außerhalb der Kontrolle der Betriebsratsführung und der IG Metall“ (350) gestanden hätten. Linksoppositionelle Kräfte hätten meist entscheidend zum Zustandekommen dieser Aktivitäten, etwa Arbeitsniederlegungen oder Straßenblockaden, und damit letztlich auch zu den Legitimitätsverlusten der Betriebsräte beigetragen.
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Rubrizierung: 2.3312.342 Empfohlene Zitierweise: Wolfgang Denzler, Rezension zu: Daniel Behruzi: Wettbewerbspakte und linke Betriebsratsopposition. Hamburg: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39617-wettbewerbspakte-und-linke-betriebsratsopposition_47954, veröffentlicht am 21.04.2016. Buch-Nr.: 47954 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken