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Wer forscht? Deutsche Projekte zur Klimapolitik. ine Übersicht der im Jahr 2016 laufenden Vorhaben

11.01.2017
1 Ergebnis(se)
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Dipl.-Journ. Wolfgang Denzler, B.A., M. Sc.

Eisbaer 114448 neuNach Rettung wird Ausschau gehalten. Foto: Karosa

 

1 Einleitung
2 DFG-geförderte Forschung zur Klimapolitik
2.1 Verantwortliche Erforschung und Governance an der Schnittstelle von Wissenschaft und Politik des Klimawandels (Leipzig, Klagenfurt)
2.2 Theoretische Grundlagen unilateraler Klimapolitik (Hagen, Siegen)
2.3 Die Versicherheitlichung von Klimawandel (Tübingen)
2.4 Produktion und diskursive Wirkung globaler politischer Medienevents am Beispiel des Klimawandels (Mannheim)
3 Forschung zur Klimapolitik ausgewählter Think-Tanks
3.1 Risikoanalyse und Risikomanagement für integrierte Klimastrategien (Leipzig, Geesthacht, Frankfurt-Oder)
3.2 Linking Climate and Development Policies (Potsdam, u.a.)

 

Eisbaer 114448 neu

1 Einleitung

Klimapolitik, also Politik, die der Vermeidung des Klimawandels oder der Anpassung an dessen Folgen dienen soll, wird seit etwa Mitte der 1980er-Jahre verstärkt sozialwissenschaftlich beforscht. Die Publikationsdichte nimmt seitdem rapide zu, steil ansteigend ist diese Entwicklung seit dem Jahrtausendwechsel. Diese Zunahme ist gewiss allgemein durch die größere Aufmerksamkeit in Politik und Öffentlichkeit für die Brisanz des Klimawandels zu erklären. Die wachsende Nachfrage der Politik nach Beratung und wissenschaftlich fundierten Entscheidungsgrundlagen angesichts des Klimawandels als globaler, hochkomplexer politischer Herausforderung kann als besonderer Grund für eine breite öffentliche Forschungsförderung in diesem Bereich gesehen werden. Daher soll die folgende, nicht abschließende Übersicht über die im Jahr 2016 laufenden deutschen Forschungsprojekte im Bereich Klimapolitik mit einer Auflistung der Projekte beginnen, die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) finanziert werden. Insgesamt nennt die Umweltforschungsdatenbank UFORDAT des Umweltbundesamt (2016) zum Sachschlagwort Klimapolitik über hundert aktuelle Forschungsprojekte. Um einen Einblick in diese vielfältige Forschungslandschaft zu geben, werden ergänzend zu den DFG-Projekten die Forschungsvorhaben ausgewählter wichtiger Denkfabriken in Deutschland vorgestellt.

Quellen
Umweltbundesamt (2016): ULIDAT/UFORDAT. Dessau. Online verfügbar unter https://doku.uba.de/aDISWeb/app?service=direct/0/Home/$DirectLink&sp=Swww-gates.uba.de%3A4111, zuletzt geprüft am 14.12.2016.


2 DFG-geförderte Forschung zur Klimapolitik

2.1 Verantwortliche Erforschung und Governance an der Schnittstelle von Wissenschaft und Politik des Klimawandels (Leipzig und Klagenfurt)
Als Teil des DFG-Schwerpunktprogramms „Climate Engineering: Risiken, Herausforderungen, Möglichkeiten?“ wird im als „CE-SciPol2“ bezeichneten Projekt untersucht, wie Potenziale und Risiken der Climate-Engineering-Forschung wissenschaftlich und politisch diskutiert und bearbeitet werden. Schon die Erforschung und Entwicklung dieser technisch großräumigen Strategien zur Bekämpfung der Erderwärmung erfordert riskante Eingriffe in natürliche globale Kreisläufe und wirft daher spezielle forschungsethische Fragen auf. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt und des Leipziger Helmholtz Zentrum für Umweltforschung UFZ wollen deshalb aufbauend auf den „internationalen Stand der Forschung zur Governance der CE-Forschung [...] die Spannbreite an Leitlinien, Standards und Kriterien zur Bewertung verantwortlicher Forschung“ aufzeigen (Barben et al. 2016).

Quellen
Daniel Barben / Silke Beck / Nils Matzner / Felix Wittstock (2016): Verantwortliche Erforschung und Governance an der Schnittstelle von Wissenschaft und Politik des Klimawandels? Neue Diskurse, epistemische Gemeinschaften und klimapolitische Regime durch Climate Engineering. Hrsg. v. Kiel Earth Institute. Online verfügbar unter http://www.spp-climate-engineering.de/sci-pol2.html, zuletzt geprüft am 14.12.2016.


2.2 Theoretische Grundlagen unilateraler Klimapolitik (Hagen, Siegen)

Ausgangspunkt für das 2012 begonnene Projekt „Theoretische Grundlagen unilateraler Klimapolitik“ waren für die beiden Ökonomen Thomas Eichner (Fernuniversität Hagen) und Rüdiger Pethig (Universität Siegen) „die enttäuschenden Verhandlungen der letzten 20 Jahre zu einem internationalen Klima-Abkommen“ (Pethig 2015: 1). Die Forscher erwarten angesichts dessen das Zustandekommen einer „sub-globalen Klimakoalition“ (Eichner / Pethig 2016). Sie wollten mit ihrer Forschung die Möglichkeiten und Grenzen einer solchen unilateralen Klimapolitik analysieren. In der Fortführung ihres Forschungsprojektes konzentrieren sie sich nun vor allem auf Ansätze wie „Karbonsteuer, Abbauhandelssystem, Reservenpolitik“ sowie „gemischte angebots- und nachfrageseitiger Klimapolitiken“ (Eichner / Pethig 2016).

Quellen
Thomas Eichner / Rüdiger Pethig (2016): Theoretische Grundlagen unilateraler Klimapolitik. Hrsg. v. Deutsche Forschungsgemeinschaft. Online verfügbar unter http://gepris.dfg.de/gepris/projekt/213612708, zuletzt geprüft am 14.12.2016.
Rüdiger Pethig (2015): Laufendes DFG-Forschungsprojekt: „Theoretische Grundlagen unilateraler Klimapolitik“. Hrsg. v. Universität Siegen. Online verfügbar unter https://www.wiwi.uni-siegen.de/pethig/forschung/laufendes-forschungsprojekt-pethig-01-15.pdf, zuletzt geprüft am 14.12.2016.


2.3 Die Versicherheitlichung von Klimawandel (Tübingen)


An der Universität Tübingen erforschte Thomas Diez mit seinen Mitarbeitern Franziskus von Lucke und Zehra Wellmann bis 2016 die Versicherheitlichung des Klimawandels. Wenn die globale Erwärmung und ihre Folgen als existenzielle Bedrohung von Mensch, Staat und Staatensystem artikuliert werden, wird das von Kritikern als Versicherheitlichung des Themas beschrieben. Im „ClimaSec-Projekt“ analysierten Diez et al. (2016a) die Debatte daraufhin, „welche Akteure warum welche Formen von Versicherheitlichung vornehmen, wer sich wie durchsetzt und welche politischen Folgen dies hat“. Eine detaillierte Beschreibung des Projekts findet sich in der Rezension der Abschlusspublikation „The Securitisation of Climate Change. Actors, Processes and Consequences“ (Diez et al. 2016b), siehe dazu die Sammelrezension „Die Versicherheitlichung des Klimawandel“.

Quellen
Thomas Diez / Franziskus von Lucke / Zehra Wellmann (2016a): Die Versicherheitlichung von Klimawandel: Akteure, Prozesse und Folgen. Hrsg. v. Universität Tübingen. Online verfügbar unter http://www.wiso.uni-tuebingen.de/faecher/ifp/lehrende/ipol/forschungsprojekte/abgeschlossene-projekte/climasec.html, zuletzt geprüft am 14.12.2016.
Thomas Diez /Franziskus von Lucke / Zehra Wellmann (2016b): The Securitisation of Climate Change. Actors, Processes and Consequences. Abingdon, Oxon, New York, Routledge.


2.4 Produktion und diskursive Wirkung globaler politischer Medienevents am Beispiel des Klimawandels (Mannheim)

Wie werden Klimagipfel als „globale inszenierte politische Medienevents“ produziert und welche diskursive Wirkung haben sie auf nationale Klimadebatten? Diese Fragestellung wird von Hartmut Wessler unter Mitarbeit von Julia Lück und Antal Wozniak aus kommunikationswissenschaftlicher Perspektive bearbeitet (Wessler et al. 2016). Da wichtige politische Akteure wie Regierungsvertreter und NGOs im Fokus stehen, ist das Projekt auch aus politikwissenschaftlicher Sicht interessant. Die Forscher gehen unter anderem der These nach, dass die medial-öffentliche Wahrnehmung der UN-Klimakonferenzen auf Ko-Produktions-Netzwerken zwischen diesen politischen Akteuren und Journalisten beruhen. Auf dem Pariser Gipfel wurde dazu eine standardisierte Befragung unter Beteiligten und Berichterstattenden durchgeführt. Wessler (2016) berichtet als ein erstes Zwischenergebnis der Untersuchung davon, dass im Ländervergleich der Diskurse nur geringe Unterschiede zu beobachten gewesen seien, „sodass von einem globalen Diskurs um die Klimakonferenzen gesprochen werden kann“.

Quellen
Hartmut Wessler / Julia Lück / Antal Wozniak (2016): Nachhaltige Medienevents? Produktion und diskursive Wirkung globaler politischer Medienevents am Beispiel des Klimawandels. Hrsg. v. Universität Mannheim. Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung (MZES). Online verfügbar unter http://www.mzes.uni-mannheim.de/d7/de/projects/nachhaltige-medienevents-produktion-und-diskursive-wirkung-globaler-inszenierter-politischer-medienevents-am-beispiel, zuletzt geprüft am 14.12.2016.
Wessler, Hartmut (2016): Nachhaltige Medienevents? Produktion und diskursive Wirkung globaler politischer Medienevents am Beispiel des Klimawandels. Hrsg. v. Deutsche Forschungsgemeinschaft. Online verfügbar unter http://gepris.dfg.de/gepris/projekt/209280825, zuletzt geprüft am 14.12.2016.


3 Forschung zur Klimapolitik ausgewählter Think-Tanks

Als Beispiele für die zahlreichen weiteren deutschen Forschungsprojekte zur Klimapolitik sollen in diesem Abschnitt die aktuellen Arbeiten zweier führender deutscher Umwelt-Denkfabriken vorgestellt werden. Sie belegen Spitzenplätze im weltweiten „Climate Think Tank Ranking“, das jährlich vom italienischen International Center for Climate Governance (2016) erstellt wird (3).

Quellen
International Center for Climate Governance (2016): Ranking 2015. Venedig (Italien). Online verfügbar unter http://www.thinktankmap.org/FilePagineStatiche/TTmap/tabelleranking_2015.pdf, zuletzt geprüft am 14.12.2016.


3.1 Risikoanalyse und Risikomanagement für integrierte Klimastrategien (Leipzig, Geesthacht, Frankfurt-Oder)

Das bereits mit einem DFG-Projekt in dieser Übersicht vertretene Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig belegt laut dem erwähnten Ranking des International Center for Climate Governance (2016) weltweit den absolut gesehen ersten Platz für das Jahr 2015. Unter dem am Fachbereich Sozialwissenschaften bearbeiteten Projekten zum Klimawandel findet sich das Vorhaben „Risikoanalyse und Risikomanagement für integrierte Klimastrategien“ (Schwarze et al. 2016). Es ist Teil des aus insgesamt sieben Themen bestehenden Helmholtz-Verbund REKLIM (Regionale Klimaänderungen). „Wie beeinflussen regionale und soziokulturelle Faktoren die Wahrnehmung des Klimawandels und der Klimarisiken?“ Aufbauend auf dieser Forschungsfrage wollen Reimund Schwarze (Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung, UFZ, Leipzig), Beate Ratter (Helmholtz-Zentrum Geesthacht) und Wolfgang Peters (Europa-Universität Viadrina, Frankfurt/Oder) mittels einer soziokulturellen Analyse Ansätze zur Verbesserung der Klimakommunikation erarbeiten. So sollen etwa die Rolle von Naturwissenschaftler*innen als Berater*innen der regionalen Politik sowie „Synergien und Konflikte“ zwischen „Mitigations- und Anpassungstrategien im Kontext sozialer, umweltpolitischer und wirtschaftspolitischer Diskurse“ untersucht werden.

Quellen
Reimund Schwarze / Beate Ratter / Wolfgang Peters (2016): Risikoanalyse und Risikomanagement für integrierte Klimastrategien. Hrsg. v. Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung GmbH - UFZ. Helmholtz-Verbund „Regionale Klimaänderungen“ (REKLIM). Online verfügbar unter http://www.reklim.de/de/themen/thema-7.html, zuletzt geprüft am 14.12.2016.
International Center for Climate Governance (2016): Ranking 2015. Venedig (Italien). Online verfügbar unter http://www.thinktankmap.org/FilePagineStatiche/TTmap/tabelleranking_2015.pdf, zuletzt geprüft am 14.12.2016.


3.2 Linking Climate and Development Policies (Potsdam und andere Orte)

Das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) ist neben 18 weiteren internationalen Partnern am EU-finanzierten Verbundprojekt „CD-LINKS – Linking Climate and Development Policies – Leveraging International Networks and Knowledge Sharing“ beteiligt (Luderer et al. 2016). Schlüsselfrage des Vorhabens ist, wie sich der Klimaschutz in die breitere Agenda einer nachhaltigen Entwicklungspolitik einbinden lässt. Energiearmut, Luftqualität und Nahrungs- sowie Wassersicherheit werden als Beispiele für vom Klimawandel unmittelbar betroffene Themen der Entwicklungspolitik genannt. Die vier ambitionierten Ziele von CD-LINKS sind erstens ein besseres Verständnis des Zusammenspiels zwischen Klima- und Entwicklungspolitik, zweitens der Aufbau einer Evidenzbasis im Bereich der Politikwirksamkeit, um gesammelte Erfahrungen auszuwerten, drittens die Entwicklung von „globally consistent, national low-carbon development pathways“ und viertens die Etablierung einer Forschungs- und Aktionsplattform, die dem Erfahrungsaustausch innerhalb der EU und G20 dienen soll. Die Forscher betonten den politikberatenden Charakter des Projekts ausdrücklich: „an important outcome of the project will be a list of country-specific policy recommendations for effectively managing the long-term transformation process“ (Luderer et al. 2016).

Quellen
Gunnar Luderer / Michael Pahle / Elmar Kriegler / Christoph Bertram / Alexander Popp (2016): Linking Climate and Development Policies – Leveraging International Networks and Knowledge Sharing. CD-LINKS. Hrsg. v. Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) e. V. Online verfügbar unter https://www.pik-potsdam.de/forschung/nachhaltige-losungsstrategien/projekte/externally-funded-project-details/459, zuletzt geprüft am 14.12.2016

 

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