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Ulf Thöle

Wahlverhalten älterer Frauen. Alter, Geschlecht und Generationszugehörigkeit als Einflussfaktoren politischer Partizipation

Online-Publikation 2013 (http://d-nb.info/1046602381/34); 287 S.
Politikwiss. Diss, Kassel; Begutachtung: E. Hennig, R. Speth. – „‚Mein Mann hat sich schon eher informiert über die Politik. Und von dem hab ich mir dann auch immer sagen lassen, was ich wählen soll (lacht).‘“ (9) Wenn Ulf Thöle ein solches Zitat seiner Arbeit voranstellt, wirft das kein gutes Licht auf das Wahlverhalten älterer Frauen. Doch genau dieses stereotype Bild der politisch desinteressierten und wenig emanzipierten älteren Wählerin will der Autor kritisch hinterfragen – auch weil die Gruppe der Älteren im Allgemeinen wenig Aufmerksamkeit durch die Politikwissenschaft erfahre, obwohl sie einen großen Teil der Wählerschaft ausmache. Deshalb untersucht der Autor die politische Orientierung von Frauen der Geburtenjahrgänge zwischen 1913 und 1939 im Vorfeld der Bundestagswahlen 2002 und 2005. Er fragt, ob es lebenslange Effekte gibt und wie sich eine Veränderung der Lebenslage, etwa durch den Tod des Partners, auswirkt. Seine Untersuchung stützt sich auf das Mikro‑Makro‑Modell von James Coleman, das gesellschaftlichen Wandel durch die Wechselwirkung zwischen dem Verhalten des Individuums und der Gesellschaft erklärt. Um zu vermeiden „dass über die untersuchte Gruppe aus akademischer Schreibtischperspektive auf Basis von für Sekundäranalysen zur Verfügung stehende quantitative Daten Vermutungen angestellt werden“ (121), suchte Thöle den direkten Kontakt und führte 34 qualitative Interviews. Für die Auswertung orientierte er sich an der Grounded Theory. Der Autor konnte in der Untersuchungsgruppe typische Muster durch die biografische Prägung und die jeweilige Lebenssituation feststellen. So gelte für die „Hitlerjugendgeneration [...], dass ein großer Teil der Frauen dieser Geburtsjahrgänge nachhaltig durch eine politische Sozialisation beeinflusst ist, die Frauen als Teil ihrer Geschlechterrolle Distanz zur Politik und eine Fokussierung auf den Bereich des häuslich Privaten zuschreibt.“ (246) Politik gelte für viele dieser Frauen nach wie vor als Männersache, auch weil die „Ursache der negativen Erfahrungen des Nationalsozialismus und des Krieges [von] diesen Frauen dem Bereich des Männlichen zugeschrieben“ (248) würden. Neben diesen dominanten Mustern gelte es aber, immer auch soziale und mediale Kontexte zu beachten, die das Wahlverhalten ebenfalls prägten und sich nicht in Stereotypen fassen ließen. Hervorzuheben ist, dass Thöle seinen Forschungsprozess, die Auswahl und Anwendung von Theorien und Methoden, inklusive der Veränderungen an seinem ursprünglichen Konzept, ausführlich und transparent reflektiert und diskutiert.
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Rubrizierung: 2.332 Empfohlene Zitierweise: Wolfgang Denzler, Rezension zu: Ulf Thöle: Wahlverhalten älterer Frauen. 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38286-wahlverhalten-aelterer-frauen_46758, veröffentlicht am 09.04.2015. Buch-Nr.: 46758 Rezension drucken