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Isabel Emde

Wahlkampffinanzierung durch Unternehmen. Eine verfassungsrechtliche Studie zum US-amerikanischen Recht

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2014 (Beiträge zum ausländischen und vergleichenden öffentlichen Recht 33); 241 S.; 62,- €; ISBN 978-3-8487-0808-6
Rechtswiss. Diss. Frankfurt a. M.; Begutachtung: R. Hofmann, U. Sacksofsky. – Sind Beschränkungen des Rechts von Unternehmen, Unternehmensgelder zu Wahlkampfzwecken einzusetzen, vereinbar mit dem Grundrecht der Meinungsfreiheit, seinerseits festgeschrieben im ersten Verfassungszusatz? Im Jahr 2010 bejahte der Supreme Court diese Frage in einer äußerst umstrittenen Entscheidung (Citizens United v. FEC). Der in der deutschen Politik‑ und Rechtswissenschaft bisher völlig vernachlässigten Entscheidung nähert sich die Autorin in fünf Kapiteln (Überblick Wahlkampffinanzierung, Entwicklung der Wahlkampffinanzierung, Entscheidung und Diskussion, eigene Lösungsvorschläge, vergleichender Exkurs über die deutsche Rechtslage). An die methodisch solide Herleitung der Präzedenzfälle knüpft sie im dritten Kapitel eine verfassungsrechtliche Diskussion des „Paradigmenwechsel[s]“ an, der zu einer „grundlegenden Abkehr“ (70) von der bisherigen Erlaubnis für Unternehmen, Wahlkämpfe umfangreich mitzufinanzieren, führte. Nachvollziehbar wird gezeigt, dass es zuvor zu erheblichen „Gefahren für die politische Willensbildung“ (174) gekommen war. Die daraufhin besprochenen Reformvorschläge (Rechenschaftspflichten, stärkere Mitwirkung der Gesellschafter, Ausbau der staatlichen Wahlkampfförderung) sind allerdings wenig originell beziehungsweise kranken schon in ihrer derzeitigen Anwendung. Letztlich bleibt die Arbeit eine rechtswissenschaftliche Studie und schafft es nicht – wie im Vorwort eigentlich intendiert – neben der verfassungsrechtlichen auch die „politische Tragweite“ (7) abzubilden. Aus politikwissenschaftlicher Sicht wäre dies umso wünschenswerter gewesen, denn zeigte sich doch in der politischen Praxis, dass es vor allem Einzelpersonen und damit nicht Unternehmen waren, die groß angelegte Wahlkampfspenden tätigten. Ebenso bleiben demokratietheoretisch relevante Aspekte wie Einflüsse auf die Korruption, Wahlbeteiligung, Vertrauen in den Willensbildungsprozess, Responsivität oder die in den USA virale Polarization unberücksichtigt. Aus diesen Gründen ist das Buch für ein politikwissenschaftlich orientiertes Publikum nur teilweise relevant.
Jörg Hebenstreit (JH)
M.A., Politikwissenschaftler, wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Universität Jena.
Rubrizierung: 2.642.22 Empfohlene Zitierweise: Jörg Hebenstreit, Rezension zu: Isabel Emde: Wahlkampffinanzierung durch Unternehmen. Baden-Baden: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37278-wahlkampffinanzierung-durch-unternehmen_45578, veröffentlicht am 10.07.2014. Buch-Nr.: 45578 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken