Diss. Mainz; Gutachter: V. Kunz, J. Maier. – Obwohl Wahlentscheidungen gedanklich getroffen werden, schenkt die Wahlforschung der Psychologie relativ wenig Beachtung. Glantz versucht zu klären, wovon es abhängt, dass Menschen mal systematisch und mal heuristisch, also quasi nach Faustregeln, entscheiden. Dahinter steht die wichtige Frage: „[W]ie können Wähler vernünftige Entscheidungen treffen, wenn sie sich kaum für Politik interessieren und mehr schlecht als recht über politische Sachfragen und Parteiprogramme informiert sind?“ (13) Zu den Entscheidungsfaktoren zählt Glantz aber nicht nur die politische Involviertheit, sondern auch Persönlichkeitseigenschaften, wie etwa das Bedürfnis, sich mit komplexen Themen auseinanderzusetzen. Darüber hinaus fragt er, wie man entsprechende Verarbeitungsprozesse überhaupt messen kann. Erörtert werden hierzu moderne Process-Tracing-Verfahren, die u. a. verbale Protokolle und Blickbewegungssensoren nutzen. Der Autor bietet einen guten Überblick über den aktuellen Forschungsstand zur Einstellungsbildung und Kandidatenentscheidung. Aus der Auseinandersetzung mit sozialpsychologischen Theorien zur Auswahl von Entscheidungsstrategien leitet Glantz dann Hypothesen her, die er im empirischen Teil prüft. Die Teilnehmer in seinen beiden Online-Experimenten sollen in einem Entscheidungsszenario zwischen mehreren fiktiven Kandidaten wählen. Das Entscheidungsverhalten wird mit computergestützten Informationstafeln gemessen. Diese enthalten per Mausklick aufdeckbare Eigenschaften der Kandidaten. Vor allem situative Faktoren haben demnach einen Einfluss auf die Wahl der Entscheidungsstrategie. Anders als gemeinhin angenommen, greifen nicht nur politisch gering Informierte, sondern auch politisch Interessierte zu Heuristiken, etwa wenn die Zahl der Kandidaten zunimmt. Daneben wirken aber auch andere Faktoren, z. B. das Alter. Das Buch ist gut aufgebaut, anschaulich und sehr verständlich. Die Erkenntnisse aus Glantz' Arbeit und anderen psychologischen Studien sollten unbedingt von Wahlforschern berücksichtigt werden.