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Walter Sauer (Hrsg.)

Vom Paradies zum Krisenkontinent. Afrika, Österreich und Europa in der Neuzeit

Wien: Wilhelm Braumüller 2010 (Austriaca); 217 S.; kart., 19,90 €; ISBN 978-3-7003-1762-3
Afrika als Paradies oder Kontinent der Armut und Krisen – solche Bilder sind für Walter Sauer, Historiker mit dem Forschungsschwerpunkt Afrika, „klischeehafte Sichtweisen“ (7), deren Entstehung und Folgen in diesem Sammelband erforscht werden. Auch wenn der Schwerpunkt der Analyse auf dem Wandel der afrikanisch‑österreichischen Beziehungen liegt, wird zunächst das politische Verhältnis Europas zu Afrika in der Neuzeit thematisiert. Ein Beispiel für dessen Wandel bietet Christopher Walschs Analyse des französischen Wegs der Entkolonialisierung. Der Autor zeigt, dass eine intensive Debatte über verschiedene Modelle – einige davon gewaltfrei, andere gewaltsam – existierte. Eine Gemeinsamkeit sieht er jedoch in dem Ziel der Einflusssicherung der Kolonialmächte, das im Falle Frankreichs dadurch erreicht wurde, dass die ehemalige mère patrie „in der Innenpolitik der frankophonen Staaten Afrikas ‚unter der Oberfläche‘ präsent blieb“ (52). In puncto Wandel des Afrikabildes in Österreich wartet der Band mit unterschiedlichen kunst‑, medien‑ und filmhistorischen Zugängen auf. Das Thema des Klischeebildes aufgreifend widmet sich Walter Sauer wortwörtlich dem Afrikabild im imperialen Österreich, indem er die dominanten malerischen Motive der Zeit analysiert. Er zeichnet eine Entwicklung nach, bei der in zeitlicher Folge auf das Motiv des Missionsauftrages unter Ausblendung existierender afrikanischer Institutionen eine Infantilisierung folgte, die „das Image Afrikas als eines bedürftigen, noch zu erziehenden Kontinents“ (114) etablierte. Ergänzend hierzu identifiziert er einen dritten Bildtypus, den er auf die Propaganda britischer und französischer Großgrundbesitzer zurückführt und der einen künstlerischen Beitrag zur Verankerung Afrikas als Kontinent der Krisen in den Köpfen darstellt. Dass solche Bilder keineswegs Phänomene der Vergangenheit darstellen, deutet Sauer abschließend an, wenn er den „Wirtschaftsasylanten“ (131) als moderne Klischeevariante in eine Reihe mit den zuvor identifizierten Motiven stellt. Wie Österreichs vergangener und derzeitiger politischer Umgang mit Asylsuchenden aussieht, zeigt Herbert Langthaler. Während auch für die Alpenrepublik der zunehmende Einfluss der rechtlichen Rahmenbedingungen der EU in diesem Politikfeld festzustellen sei, engagiere sich das Land als „Vorreiter einer restriktiven Asylpolitik“ (217). Der Sammelband ist aus der 55. Historikertagung des Instituts für Österreichkunde in St. Pölten vom März 2008 hervorgegangen.
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Rubrizierung: 2.672.42.613.64.222.2632.23 Empfohlene Zitierweise: Christian Patz, Rezension zu: Walter Sauer (Hrsg.): Vom Paradies zum Krisenkontinent. Wien: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37955-vom-paradies-zum-krisenkontinent_43666, veröffentlicht am 15.01.2015. Buch-Nr.: 43666 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken