Skip to main content
Simon Fellmer

Vergemeinschaftung von Zuwanderungspolitik in der Europäischen Union. Anreize und Widerstände aus Sicht der Mitgliedstaaten – Theorie und Empirie für die Zeit nach dem Vertrag von Amsterdam

Berlin: Lit 2013 (Studien zu Migration und Minderheiten 26); XXV, 464 S.; 54,90 €; ISBN 978-3-643-12031-1
Diss. Osnabrück; Begutachtung: A. Lenschow, T. Straubhaar. – Simon Fellmer fragt, wie sich die „unterschiedliche Intensität der Vergemeinschaftung in verschiedenen Bereichen von Migrationspolitik seit dem Vertrag von Amsterdam erklären“ lässt. Dazu gibt er zunächst einen Überblick über die europäische Migrationspolitik seit den Römischen Verträgen. Für die Zeit nach dem 1999 in Kraft getretenen Amsterdamer Vertrag konstatiert der Autor, dass „die Visapolitik Vorrang genießt, gefolgt von Fragen der Grenzkontrolle und der irregulären Migration; darauf folg[en] die Asyl‑ und Flüchtlingspolitik und letztlich Aspekte der legalen Zuwanderung“ (10). Für den anschließenden Theorieteil wird die Fragestellung zugespitzt: „Welche Anreize und Widerstände existieren aus Sicht der Regierungen von Mitgliedstaaten, Aspekte in den verschiedenen Unterfeldern von Zuwanderungspolitik rechtlich verbindlich zu vergemeinschaften“ (11)? Fellmer konstatiert diesbezüglich ein Theoriedefizit, das er mit einem eigenen, auf Public‑Choice‑Theorien fußenden und die Unterschiede zwischen Politikunterfeldern erfassenden Ansatz ausfüllt. Hervorzuheben ist, dass er dabei mögliche Defizite der eigenen Theorie hinsichtlich ihrer Reichweite und „‚Überlebensfähigkeit‘“ (142) bedenkt. Im empirischen Teil werden die Politiken Schwedens, Spaniens, Deutschlands und Großbritanniens im Rahmen verschiedener Richtlinienverhandlungen analysiert, die exemplarisch für die jeweiligen Unterbereiche der Zuwanderung stehen. „Es wirken je nach Politikunterfeld unterschiedlich intensive Kräfte, welche die Staaten zu einer gemeinsamen EU‑Zuwanderungspolitik anleiten oder von dieser abhalten“ (381), so die Beobachtung. Die naheliegende Frage, ob eine ausgeprägte öffentliche Diskussion die zugrunde liegenden ökonomisch‑rational bestimmbaren Zusammenhänge durchbrechen könnte, wird mit der Arbeit naturgemäß nicht beantwortet – europäische Richtlinienverhandlungen werden von nationalen Wählerschaften kaum wahrgenommen. Fellmers Abhandlung folgt insgesamt einem stringenten Konzept. Mit den Fallstudien wird deutlich, welche verhandlungsmächtige Position Deutschland in der Union einnimmt. Außerdem zeigt sich, dass Vergemeinschaftungsprozesse auch dazu genutzt werden, staatliche Autonomie in ausgewählten Bereichen dauerhaft zu wahren.
Markus Linden (LIN)
Dr., Politikwissenschaftler, wiss. Mitarbeiter, SFB 600 - Teilprojekt C7 "Die politische Repräsentation von Fremden und Armen", Universität Trier.
Rubrizierung: 3.52.612.2632.3434.42 Empfohlene Zitierweise: Markus Linden, Rezension zu: Simon Fellmer: Vergemeinschaftung von Zuwanderungspolitik in der Europäischen Union. Berlin: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37691-vergemeinschaftung-von-zuwanderungspolitik-in-der-europaeischen-union_44872, veröffentlicht am 23.10.2014. Buch-Nr.: 44872 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken