
Verdeckter Bürgerkrieg und Klassenkampf in Italien I. Die sechziger Jahre: Die Entstehung des neuen Antifaschismus
„Aus der Rückschau von heute treten die Rahmenbedingungen deutlich hervor, die die beiden Jahrzehnte des revolutionären Antifaschismus und des Aufstands [in Italien] für ein selbstbestimmtes Leben jenseits von Ausbeutung und Unterdrückung geprägt haben“ (11), leitet Karl Heinz Roth in das Werk ein. Tatsächlich bietet dieser erste Band des LAIKA‑Verlages über die 1960er‑Jahre in Italien eine Innenansicht der damaligen Vorkommnisse – verfasst von Akteuren der damaligen antifaschistischen Bewegung. Allerdings besteht das Buch zu zwei Dritteln aus dem autobiografisch geprägten Text von Cesare Bermani, der zweifelsohne ein wichtiger Akteur dieser Zeit ist. Seine minuziöse Aufzählung aller Personen, deren Hintergründe und der exakte Ablauf aller Tage scheinen im Gesamtzusammenhang aber zu detailliert. Zwar werden sämtliche Aktionen in allen Straßen Genuas, Mailands und Paduas aufgezählt, zentrale Personen und Gruppen werden dabei aber leider nicht beachtet – die Roten Brigaden finden beispielsweise nur in einer Fußnote eines Satzes und Antonio Negri lediglich in drei Sätzen Erwähnung. Sergio Bologna erklärt in Ansätzen die politischen Rahmenumstände der Protestaktionen, ihm gelingt es aber nicht, einen roten Faden zu halten. Aufgewertet wird das Buch ohne Zweifel durch die zahlreichen Bilder und vor allem die beiliegenden DVDs, die seltenes italienisches Filmmaterial aus den 1960er‑Jahren enthalten und so die quasirevolutionären Geschehnisse plastisch veranschaulichen. Insgesamt gelingt den Autor_innen eine bildstarke Inneneinsicht der Arbeiterkämpfe in den 1960er‑Jahren, stellenweise neigen die Verfasser_innen allerdings zu Gewaltverherrlichungen, die dem antifaschistischen Anliegen somit einen Bärendienst erweisen.