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Forschungsgesellschaft Flucht und Migration e. V. FFM (Hrsg.)

Ukraine. Vor den Toren der Festung Europa. Die Vorverlagerung der Abschottungspolitik

Berlin/Göttingen: Verlag der Buchläden Schwarze Risse - Rote Strasse 1997 (Gegen die Festung Europa 5); 139 S.; 12,- DM; ISBN 3-924737-40-1
Seit Jahren befürchten einige ukrainische Politiker, daß die Ukraine für Flüchtlinge zu einer Art Pufferzone zwischen Europa und der Dritten Welt werden könne. Daß dieses Szenario nicht unbegründet ist, stellen die Berliner MitarbeiterInnen der o. g. Forschungsstelle in ihrer Broschüre fest. Immer mehr Flüchtlinge, die das Ziel Europa haben, versuchen über das Transitland Ukraine in den Westen zu gelangen. Oft ohne Erfolg. Direkt an der Grenze festgenommen, landen die MigrantInnen zuerst in Polen und werden dann weiter in die Ukraine abgeschoben. Die Bundesrepublik Deutschland duldet und fördert diese Abschiebepraxis seit 1996, so die Einschätzung der FFM. Aufgrund eines Systems von Rücknahmeverträgen und anderer zwischenstaatlicher Vereinbarungen entsteht ein Domino-Effekt: "Die polnische Regierung reicht der ukrainischen Regierung in modifizierter Form das Know-How und den Druck weiter, den sie selbst von der Europäischen Union (EU), den Schengener Vertragsstaaten und insbesondere der BRD erfahren hat." (9) Deshalb untersuchte die FFM im Jahre 1996 die Lebenssituation der Flüchtlinge in der Ukraine, aber auch teilweise in den polnischen Abschiebegefängnissen. Ziel der Dokumentation ist es, "daß die Folgen der Abschiebungen wieder sichtbar werden" (6). Die FFM betont, daß die Ukraine kein "sicheres Drittland" ist. Es gibt keine funktionierende Flüchtlingsgesetzgebung und kein Ausländerrecht. Die Alltagssituation der Flüchtlinge zeigt sich derart: "Kontrollen und Übergriffe der Polizei prägen den Alltag der Flüchtlinge in der Ukraine; sie gehören neben dem fehlenden Einkommen und der Wohnungsnot zu den drei wesentlichen Plagen des Alltags." (70) Zugute kommt den MigrantInnen, daß es in der Ukraine noch kein systematisches Abschiebesystem gibt. Mit dem Vorrücken der EU-Außengrenze an die polnisch-ukrainische Grenze wird die Ukraine mehr und mehr zum Mittel der Abschiebung greifen wollen. Inhaltsübersicht: 1. BRD-Polen-Ukraine: Der Domino-Effekt; 2. Migrationsbewegungen, Grenzregime; 3. Alltag von Flüchtlingen und MigrantInnen; 4. Zur rechtlichen Situation - ohne Genfer Konvention; 5. Die Ukraine im Umbruch; 6. Die Einreise in die BRD.
Wilhelm Johann Siemers (Sie)
Dipl.-Politologe, Journalist, Redakteur der Sprachlernzeitschrift vitamin de, Florenz.
Rubrizierung: 2.62 | 2.263 | 4.42 Empfohlene Zitierweise: Wilhelm Johann Siemers, Rezension zu: Forschungsgesellschaft Flucht und Migration e. V. FFM (Hrsg.): Ukraine. Berlin/Göttingen: 1997, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/6962-ukraine_9325, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 9325 Rezension drucken