Die Aufsatzautoren beleuchten gesellschaftliche und politische Aspekte der postsowjetischen Ukraine der Kutschma-Ära. Im Zentrum stehen Fragen der Rechtsstaatlichkeit, der nationalen Sicherheit, der wirtschaftlichen Entwicklung, des Verhältnisses zur EU und zu Russland sowie der gesellschaftskritischen Gegenwartsliteratur und Kultur. Das politische System wird als semi-autoritär eingeschätzt, das inmitten des wirtschaftlichen und des politischen Transformationsprozesses stecken geblieben ist. Medien stünden als Manipulationsorgane im Dienste der herrschenden Oligarchen und der russische Einfluss auf die Politik(er) des Landes sei nachhaltig – nicht zuletzt augrund der starken Energieabhängigkeit. Die Hälfte des ukrainischen Bruttoinlandsprodukts wird jenseits gesetzlicher Regeln auf dem Schwarzmarkt erwirtschaftet, was wiederum „neofeudale“ sozioökonomische Strukturen begünstigt, die große Teile der Bevölkerung in unmündiger Passivität verharren lässt. Ein besonderer Stellenwert im Prozess der ukrainischen Identitätsfindung wird der politisch engagierten Gegenwartsliteratur zugeschrieben. Der Titel des Bandes deutet bereits an, dass sich die Ukraine an einem Scheideweg befindet. Die Autoren halten allerdings nur einen Weg für empfehlenswert und gangbar, nämlich den pro-„EUropäisch“ und zugleich anti-russisch geprägten des Juschtschenko/Timoschenko-Lagers. Eine Hauptschwäche des Bandes ist der starke Kontrast zwischen wissenschaftlich anspruchsvollen, essayistisch-journalistischen und literarischen Beiträgen. Es fehlt eine neutrale und zugleich realistisch-pragmatische Zukunftsprognose für die Ukraine.