Trübe Aussichten für eine Verbesserung: Die russisch-amerikanischen Beziehungen nach dem Helsinki-Gipfel
17.12.2018Kein Erfolg: Das Gipfeltreffen von Donald Trump und Vladimir Putin im Juli 2018 in Helsinki Foto: Kremlin.ru (CC BY 4.0)
Amerikanisch-russische wie früher amerikanisch-sowjetische Gipfeltreffen hatten oft einen herausgehobenen Charakter. Insbesondere in der Endphase des Ost-West-Konflikts kam ihnen eine zentrale Bedeutung zu, weil auf ihnen wichtige politische Weichenstellungen erfolgten, die weitreichende Konsequenzen hatten. Ein erstes Gipfeltreffen zwischen US-Präsident Donald Trump und dem russischen Präsidenten Vladimir Putin fand am 18. Juli 2018 in Helsinki statt. In der Vorphase hatte der US-Präsident angekündigt, dass ihm an einer grundlegenden Verbesserung der Beziehungen zu Russland gelegen sei und er darüber mit dem Kreml-Chef persönlich und ohne jegliche weitere Teilnehmer, seien es Minister oder Berater, verhandeln wolle. Insofern wich der Gipfel nicht nur in diesem Punkt von allen vorangegangenen Gipfelkonferenzen mit Moskau ab, sondern auch hinsichtlich mangelnder Vorbereitung und fehlender Abstimmung zwischen dem Präsidenten und den für die Außen- und Sicherheitspolitik verantwortlichen Ministerien. Der Ausgang des Treffens traf in Washington und in den westlichen Hauptstädten überwiegend auf ein kritisches Echo und die Skeptiker sahen sich in ihren Befürchtungen bestätigt, dass Präsident Trumps Idee, mit Hilfe von Charme und Überredungskünsten im Vier-Augen-Gespräch einen Durchbruch im russisch-amerikanischen Verhältnis zu erzielen, zu nichts führen würde. Auf russischer Seite wurde der Gipfel anfangs als voller Erfolg gefeiert, mittlerweile hat sich auch in Moskau Ernüchterung eingestellt.
Die der Untersuchung zugrunde liegende Arbeitshypothese lautet wie folgt: Das Treffen in Helsinki hat nicht nur zu keinem Neustart und dem Beginn einer möglichen Bereinigung der russisch-amerikanischen Beziehungen beigetragen, sondern eher zu ihrer Verschlechterung. Um diese These zu verifizieren oder zu falsifizieren, wird als erstes der von Präsident Trump schon auf dem Treffen mit dem nordkoreanischen Staatschef Kim Jong-un in Singapur verfolgte Ansatz der persönlichen Gipfeldiplomatie vorgestellt. Danach werden die innenpolitischen Differenzen über die Russland-Politik in den USA und die unterschiedlichen Auffassungen zwischen dem Präsidenten auf der einen Seite und dem Kongress sowie den beteiligten Fachministerien seiner eigenen Administration auf der anderen Seite als Hindernisse für einen kohärenten Ansatz in der Russland-Politik Washingtons aufgezeigt. Dem werden die russischen Vorstellungen von einer Neuregelung der amerikanisch-russischen Beziehungen gegenüber gestellt. Dies führt zur Auflistung und Analyse der wichtigsten Streitpunkte im bilateralen Verhältnis. Im Ergebnis gelangt die Untersuchung zu dem Schluss, dass der Gipfel keines der aufgezeigten Probleme einer Lösung näher gebracht und die Beziehungen zwischen Moskau und Washington eher verschlechtert als verbessert hat. Ursache ist zum einen die Unerfahrenheit des US-amerikanischen Präsidenten und die Aussichtslosigkeit seiner Gipfelmethode, zum anderen ist es die Intransigenz der russischen Regierung: Diese sieht Trump eher als Instrument zur Einschränkung der Handlungsfähigkeit des US-amerikanischen politischen Systems an, aber nicht als kompetenten Verhandlungspartner, mit dem eine Bereinigung der Differenzen in einer für beide Seiten akzeptablen Weise erfolgen könnte.
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Der vollständige Beitrag ist erschienen in:
SIRIUS – Zeitschrift für Strategische Analysen, Band 2, Heft 4, Seiten 366–384, ISSN (Online) 2510-2648, ISSN (Print) 2510-263X, DOI: https://doi.org/10.1515/sirius-2018-4005.