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Dirk Heinecke

Transformationsprozesse im Schulsystem der Sowjetischen Besatzungszone/frühen Deutschen Demokratischen Republik 1945 bis 1958 am Beispiel der ehemaligen Fürstenschule und Nationalpolitischen Erziehungsanstalt Schulpforta

Online-Publikation 2013 (http://www.diss.fu-berlin.de/diss/servlets/MCRFileNodeServlet/FUDISS_derivate_000000013270/Dissertation_Heinecke.pdf); 464 S.
Politikwiss. Diss. Berlin; Begutachtung: K. Schroeder, P. Massing. – Von der Fürstenschule zur sozialistischen Bildungseinrichtung: Dirk Heinecke untersucht die Transformationsprozesse in der SBZ und frühen DDR, die zur Umgestaltung des Bildungswesens gemäß der sozialistischen Staatsdoktrin führten. Dafür widmet er sich dem speziellen Einzelfall des Internatsgymnasiums Landesschule Pforta in Sachsen‑Anhalt. Für seine Untersuchung der Transformationsprozesse stützt sich Heinecke unter anderem auf Luhmanns Begriff der funktionalen Differenzierung als Teil der soziologischen Systemtheorie. Die Kaderschmiede mit jahrhundertealter Tradition habe als eine der bedeutendsten höheren Schulen Deutschlands in der DDR wie zuvor im Nationalsozialismus zur Förderung und Vorbereitung Begabter für hohe Posten in Wissenschaft, Wirtschaft, Verwaltung und Politik gedient. Deshalb ist es nach Aussage des Autors an diesem Beispiel besonders interessant zu analysieren, wie die Umsetzung der staatlichen Vorgaben aus Berlin ablief, die eine Umformung der Schulen auf der Grundlage des Marxismus‑Leninismus zum Ziel hatten. Als ein auffälliges Beispiel dient die Verteidigungsbereitschaft, die an der sogenannten Schulpforta auf den Stundenplan gesetzt wurde, die Schüler sollten „mental auf den Dienst an der Waffe vorbereitet werden“ (306). Diese Militarisierung sei zumindest anfänglich auf große innere Ablehnung im Kollegium gestoßen. Doch später seien die Propaganda und die regelmäßigen Schieß‑ und Geländespor‑Übungen als erfolgreich angesehen worden: 1957 sei knapp ein Drittel der männlichen Abiturienten in die Nationale Volksarmee eingetreten. Der Autor resümiert, dass die komplizierte Umwandlung der Landesschule Pforta in eine allgemeinbildende sozialistische Heimoberschule mehr Zeit als geplant in Anspruch genommen habe und erst 1958 nach vielen Komplikationen abgeschlossen worden sei. Durch Repressionen und Intrigen seien dafür mehrere Personen von der Schule verdrängt worden. Angestammte Traditionen der Schule seien entweder vereinnahmt oder untersagt worden. „Weit mehr als pädagogische Ansätze sind vor allem politische, ideologische und ökonomische Motive als Triebkräfte für die dargestellten Transformationsprozesse zu erkennen.“ (391) Die Schule habe ab 1958 faktisch der sozialistischen Kaderpolitik gedient und damit einer Erziehung vom Individuellen hin zum Kollektiv mit dem Ziel, den Nachwuchs für Planwirtschaft und bewaffnete Kräfte zu sichern. Mit der humanistischen Tradition der Schule sei damit gebrochen worden.
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Rubrizierung: 2.314 Empfohlene Zitierweise: Wolfgang Denzler, Rezension zu: Dirk Heinecke: Transformationsprozesse im Schulsystem der Sowjetischen Besatzungszone/frühen Deutschen Demokratischen Republik 1945 bis 1958 am Beispiel der ehemaligen Fürstenschule und Nationalpolitischen Erziehungsanstalt Schulpforta 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38339-transformationsprozesse-im-schulsystem-der-sowjetischen-besatzungszonefruehen-deutschen-demokratischen-republik-1945-bis-1958-am-beispiel-der-ehemaligen-fuerstenschule-und-nationalpolitischen-erziehungsanstalt-schulpforta_46757, veröffentlicht am 23.04.2015. Buch-Nr.: 46757 Rezension drucken