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Michael Thomas / Ulrich Busch (Hrsg.)

Transformation im 21. Jahrhundert. Theorien – Geschichte – Fallstudien. 1. Halbband

Berlin: trafo Wissenschaftsverlag 2015 (Abhandlungen der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften 39 – 1. Halbband); 301 S.; 34,80 €; ISBN 978-3-86464-088-9
Mit der 39. Ausgabe der Abhandlungen der Leibniz‑Sozietät wird versucht, eine Gegenwartsdiagnose ebenso wie eine Prognose zu Formen, Strukturen und Prozessen des mannigfaltigen gesellschaftlichen Wandels zu liefern, der die erste Dekade des 21. Jahrhunderts ausgemacht hat. Der Schwerpunkt dieses ersten Halbbandes liegt dabei auf den Zugängen und Reflexionen sowie auf der Erschließung einer zeitgemäßen Perspektive auf den Begriff der Transformation (zum zweiten Halbband siehe Buch‑Nr. 47448). Einen besonders prominenten Ausdruck hat die derzeitige Gegenwartsdiagnostik mit dem Begriff der Postwachstumsgesellschaft geprägt, dem Frank Adlers Beitrag gewidmet ist. Jenseits des rein monetär betrachteten Wachstums sei es dringend geboten, so Adler, den Gegenwartskapitalismus durch eine sozialökologische Transformation hin zu einer Postwachstumsgesellschaft zu überführen. Dies sei schon deswegen notwendig, weil anders die im Zuge der kapitalistisch‑ökonomischen Entwicklung entstandenen Risiken – Atomenergie und ihre Endlagerung, Klima‑ und Ressourcenzerstörung – kaum mehr beherrschbar und damit auch politisch für die Folgegenerationen nicht mehr legitimierbar seien. Zudem müsse man sich die Frage stellen, ob bestehende Ausbeutungs‑ und Ungleichheitsverhältnisse im politischen wie im Arbeitsleben jene gesellschaftliche Emanzipation widerspiegeln, die für westliche Demokratien des 21. Jahrhunderts angemessen wäre. Einzig der Weg in Richtung der Umsetzung notwendiger Reformen scheint zweifelhaft: Nimmt man Foucaults Theorie biopolitischer Gouvernementalität ernst, dann stellt sich in der Tat die Frage, wie sich permanent selbst optimierende Subjekte politisch gegen den gesellschaftlichen Mainstream organisieren, artikulieren und schließlich auch noch durchsetzen können. Die prominente Rolle der öffentlichen Vernunft, die bei Adler in diesem Zusammenhang anklingt, wird der Bewegung jedoch wohl kaum zum Durchbruch verhelfen, wie die derzeitige Allgegenwart des politischen Populismus zeigt. Nimmt man die zahlreichen anderen, ebenfalls spannend zu lesenden Interventionen des Bandes hinzu, dann taucht ein Name immer wieder auf: Karl Polanyi. Wie es gelingen kann, die bereits von ihm diagnostizierte marktgesellschaftliche Verselbstständigung der Ökonomie wieder einzufangen und dies noch dazu ohne großen Krieg, bleibt die spannende Frage. In diesem Zusammenhang die Idee des Konvivialismus zu diskutieren, wäre eine nicht minder spannende Antwortmöglichkeit gewesen.
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Rubrizierung: 2.25.425.465.33 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Michael Thomas / Ulrich Busch (Hrsg.): Transformation im 21. Jahrhundert. Berlin: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/40030-transformation-im-21-jahrhundert_47447, veröffentlicht am 25.08.2016. Buch-Nr.: 47447 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken