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Teresa Koloma Beck / Klaus Schlichte

Theorien der Gewalt zur Einführung

Hamburg: Junius 2014; 187 S.; 13,90 €; ISBN 978-3-88506-080-2
Teresa Koloma Beck und Klaus Schlichte grenzen ihr Feld der „Theorien der Gewalt“ ein: Naturwissenschaftliche Gewalttheorien, die beim Individuum ansetzten, seien unzweifelhaft wichtig, aber kein originärer Gegenstand der sozialwissenschaftlichen Reflexion, die sich auf „Gewalt als Problem in Prozessen sozialer Ordnungsbildung“ (11) konzentriere. Zu den Sozialtheorien gehörten zum einen die normativen Theorien, die die juridische „Legitimität der Gewalt zum Thema machen“ (14), und zum anderen die empirischen Theorien, die die sozialen „Dynamiken der Gewalt rekonstruieren und erklären“ (14 f.). Nahezu alle modernen Sozialtheorien seien dafür zu kritisieren, dass in ihrer Argumentationssystematik die Gewalt als ein Sekundärbegriff anderer politiktheoretischer Begriffe fungiere. Diesem Umstand korrespondiere das kognitive Defizit, Gewalt als eine Ausnahme vom gewaltfreien Regelfall der modernen Gesellschaft zu verstehen. Beck und Schlichte lehnen diese Sichtweise ab, denn sie verschleiere Gewaltexzesse und die Tatsache der „strukturellen Gewalt“ (36). Jan Philipp Reemtsma loben sie für den gelungenen Versuch, die Gewalt als ein integrales Element der Organisation der Gesellschaft zu konzeptualisieren. Die Verschleierungen der Gewalt im Selbstbild der modernen Gesellschaft erkläre er mit drei Ausgrenzungsbemühungen: 1. Temporalisierung, 2. Spatalisierung und 3. Verrätselung der Gewalt. Im zu kurzen Fazit weisen Beck und Schlichte humanitäre Interventionen als Mittel gegen die Gewalt in den vermeintlich „‚barbarischen‘ Zonen“ (161) zurück. Insgesamt gelte es, die Gewalt erstens besser zu verstehen, indem die blinden Flecke der Gewalt der Moderne sichtbar gemacht würden, und zweitens auf altbekannte soziale Kräfte weltpolitischer Konflikte wie die „starke soziale Ungleichheit“ (162) wieder stärker einzugehen. Drittens sei eine andere Sprachwahl des Westens über die Gewalt in den unterentwickelten Ländern erforderlich. Das Buch bietet insgesamt eine vielseitige Einführung in das Thema: Der Kreis der abgehandelten Theoretiker_innen umfasst sowohl Konservative und Liberale als auch Linke und Poststrukturalisten. Trotz dieser theoretischen Breite setzen Beck und Schlichte eigene Schwerpunkte und verfolgen durchweg einen roten Faden. Ihr Buch bietet zwar kurze, aber keinesfalls reduktionistische, sondern stets detaillierte Informationen.
Ulf Kemper (UK)
M. A., Politikwissenschaftler, Philosoph, Lehrkraft für besondere Aufgaben, Westfälische Wilhelms-Universität Münster.
Rubrizierung: 5.1 | 5.41 | 5.42 | 5.32 | 5.33 Empfohlene Zitierweise: Ulf Kemper, Rezension zu: Teresa Koloma Beck / Klaus Schlichte: Theorien der Gewalt zur Einführung Hamburg: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37238-theorien-der-gewalt-zur-einfuehrung_45767, veröffentlicht am 26.06.2014. Buch-Nr.: 45767 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken