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John B. Dunlop

The Moscow Bombings of September 1999. Examinations of Russian Terrorist Attacks at the Onset of Vladimir Putin's Rule

Stuttgart: ibidem-Verlag 2012 (Soviet and Post-Soviet Politics and Society 110); 251 S.; 34,90 €; ISBN 978-3-8382-0388-1
Gut ein Jahr nach den Terroranschlägen von 2001 riefen die USA die 9/11‑Kommission ins Leben, die nach Sichtung von mehreren Millionen Dokumentenseiten und mithilfe von tausenden Interviews Fakten des Anschlags zusammentrug und dessen Umstände rekonstruierte. Demgegenüber hat Russland kaum Anstrengungen unternommen, die im September 1999 verübten Sprengstoffanschläge auf Wohnhäuser in mehreren Städten des Landes aufzuklären. Zwar wurden offiziell tschetschenische Separatisten für die Taten verantwortlich gemacht, aber viele Indizien lassen darauf schließen, dass der damals unter Führung von Wladimir Putin stehende Geheimdienst FSB an den Bombenanschlägen beteiligt war. Vor diesem Hintergrund ist es das Ziel John B. Dunlops, „to attempt to anticipate, in extremely modest and limited fashion” (10), was eine nach dem US‑amerikanischen Vorbild eingerichtete Kommission über die Bombenanschläge 1999 herausfinden würde. Der Autor begibt sich also auf Spurensuche und setzt die sich aus Augenzeugenberichten, offiziellen Stellungnahmen sowie aus innenpolitischen und personellen Entwicklungen ergebenden Puzzleteile zusammen. Hieraus entsteht für Dunlop ein kohärentes Gesamtbild, dass im Frühjahr 1999 eine tiefe Krise der Jelzin‑Ära zeigt, die von gesundheitlichen und Alkohol‑Problemen des Präsidenten, von Skandalen um seine beiden Töchter, durch Instabilität des internen Machtzirkels und rapide sinkende Zufriedenheitswerte in der Bevölkerung gekennzeichnet war. Vor dem Hintergrund dieser Probleme scheint es durchaus schlüssig, dass es das Ziel Jelzins war, die anstehenden Wahlen entweder ganz abzusagen oder aber wenigstens zu verschieben. Dies hätte sich, so die dargestellte Überlegung, durch die Verbreitung von Angst und Schrecken im Land ermöglichen lassen, weswegen nach Recherchen des Autors Boris A. Beresowski unter anderem die Invasion in Dagestan durch tschetschenische Rebellen anregte und der Kreml den Einfall sogar finanziell unterstützte, um einen Konflikt mit Tschetschenien zu provozieren. Um einen zweiten Krieg in Tschetschenien vollends rechtfertigen zu können, habe der FSB dann die Bombenanschläge initiiert und Putin kurze Zeit später in Tschetschenien ausgebildete Terroristen für die Taten verantwortlich gemacht. Putin selbst habe als starker Mann aufgebaut werden können.
Ines Weber (IW)
M. A., Politikwissenschaftlerin (Kommunikationswissenschaftlerin, Psychologin), wiss. Mitarbeiterin, Institut für Sozialwissenschaften, Christian-Albrechts-Universität Kiel.
Rubrizierung: 2.622.25 Empfohlene Zitierweise: Ines Weber, Rezension zu: John B. Dunlop: The Moscow Bombings of September 1999. Stuttgart: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36450-the-moscow-bombings-of-september-1999_44405, veröffentlicht am 28.11.2013. Buch-Nr.: 44405 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken