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Wilfried Buchta

Terror vor Europas Toren. Der Islamische Staat, Iraks Zerfall und Amerikas Ohnmacht

Frankfurt a. M./New York: Campus Verlag 2015; 413 S.; 22,90 €; ISBN 978-3-593-50290-8
Wilfried Buchta, einer der renommiertesten Kenner des Nahen Ostens, legt mit diesem Buch ein Standardwerk über den dschihadistischen Terrorismus in seiner historischen Dimension und Komplexität vor. Besonders erkenntnisreich ist das Kapitel, in dem er sich mit den Dschihadisten im deutschen Kontext beschäftigt: Die Gewalt der Organisation Islamischer Staat (IS) wirke sich „auf vielfältige Weise bereits auf die Sicherheit Europas und damit auf Deutschland“ (342) aus. Die Dunkelziffer von Deutschen, die sich „gen Syrien und Irak aufgemacht hätten“ (343), liege bei etwa 1.800 Personen. Zahlreiche deutsche Dschihadisten seien schon als Selbstmordattentäter gestorben. Jede Woche wachse die Anzahl der Dschihad‑Reisenden. Er schreibt zudem, dass rund 180 deutsche Dschihadisten wieder zurück seien. Es bestehe eine große Gefahr, dass Deutschland ein Angriffsziel für den IS werde, zumal der IS im Vergleich zu Al Kaida noch brutaler sei – die deutschen Dschihadisten seien hauptsächlich im IS organisiert. Buchta beschäftigt sich auch mit dem Problem der Bekämpfung der dschihadistischen Terrororganisationen in Deutschland. Unterstützer des IS können von der deutschen Justiz „mittels des Paragraphen 129 a und 129 b des Strafgesetzbuchs“ (344) verfolgt werden, besonders dann, wenn Geldspenden oder Material nach Syrien geschickt werden. Mit Blick auf den gesamten IS stellt der Autor fest, dass dieser zwischen Expansion und Implosion stehe. Einerseits habe der IS in Syrien und im Irak expandieren und staatliche Strukturen aufbauen können. Buchta fragt daher, ob es einem auf „Raum und Schmuggel von Öl sowie auf Schutzgelderpressung gegründeten Staat“ (352) möglich sei, die Wirtschaft produktiv zu gestalten. Der IS produziere selbst nichts, sei aber wie eine „verzehrende Maschine“ (353). Infolge von militärischen Niederlagen könnte der IS aber andererseits implodieren. Viel hänge davon ab, „ob die Zentralregierung in Bagdad eine ernsthafte Aussöhnung und Machtteilung mit den Sunniten des Irak anstreben wird“ (354). Der Autor geht davon aus, dass der IS militärisch und politisch längst nicht besiegt ist. Der Kampf gegen die Terrororganisation werde daher noch lange weitergehen. Buchta kritisiert daher insbesondere die „Schwäche der US‑Nachrichtendienste“ (324). Sie seien unfähig, gute Informationen zu sammeln und diese objektiv auszuwerten. In den vergangenen Monaten sind viele Bücher über den IS erschienen. Buchta hat ein besonders lesenswertes und informatives Buch vorgelegt, das leicht geschrieben die Geschichte und Gegenwart, das Problem und Lösungsansätze darlegt.
{WWH}
Rubrizierung: 4.41 | 2.25 | 2.63 | 2.64 | 4.22 | 2.23 Empfohlene Zitierweise: Wahied Wahdat-Hagh, Rezension zu: Wilfried Buchta: Terror vor Europas Toren. Frankfurt a. M./New York: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38927-terror-vor-europas-toren_47070, veröffentlicht am 01.10.2015. Buch-Nr.: 47070 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken