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Holger Rogall / Toni Engelhardt / Markus Karde / Sebastian Zeh (Bearb.)

4. Jahrbuch Nachhaltige Ökonomie. Im Brennpunkt: Die Energiewende als gesellschaftlicher Transformationsprozess

Marburg: Metropolis-Verlag 2014 (Jahrbuch Nachhaltige Ökonomie 2014/2015); 442 S.; 29,80 €; ISBN 978-3-7316-1104-2
Bereits der Titel des Jahrbuches verdeutlicht, dass Herausgeber und Autoren nicht zum Gros der neoklassischen Mainstream‑Ökonomen zählen und die analysierten Themen jeweils holistischer in einem gesamtgesellschaftlichen Kontext verorten. So bezeichnen beispielsweise Uwe Leprich und Holger Rogall die Energiewende gleich zu Beginn als ein „Gemeinschaftsprojekt“ von der Dimension einer „deutschen Mondlandung“, das Elemente eines „Innovations‑, Partizipations‑ und Friedensprojekts“ (19) in sich vereine. Auch vor einer Problematisierung der Machtfrage, die dieses Projekt impliziere, scheuen die beiden Autoren mit einer Gegenüberstellung der entsprechenden Interessengruppen nicht zurück. Einen ähnlichen Ansatz verfolgen auch Rogall, Rosa Haberland und Mira Klausen in ihrem Aufsatz. Als „Problemdimensionen im 21. Jahrhundert“ (32) arbeiten sie eine ökologische, ökonomische sowie eine sozial‑kulturelle Dimension heraus, deren insgesamt fünfzehn Ausprägungen sie matrixähnlich synthetisieren. Rüdiger Haum und Benno Pilardeaux beschäftigen sich hingegen mit Fragen der Transformationsforschung, die aufgrund eines Wandels der globalen Veränderungsprozesse an sich ebenfalls einer Neuausrichtung bedarf. Das konstatierte Phänomen der „Großen Transformation“ (105) – begrifflich nicht unproblematisch – kontrastieren die Autoren mit der „derzeitigen Forschungsorganisation“, die „die Welt so sehr zerlegt, dass die Zusammenhänge verloren gehen“ (108). An diese eher grundsätzlichen Beiträge schließen sich Aufsätze zu einzelnen Facetten der Energiewende an. So problematisieren Jan‑Hendrik Kamlage, Patrizia Nanz und Björn Fleischer – ausgehend vom „Beteiligungsparadox“ (203) –, wie die Bürger im Rahmen dialogischer Partizipationsverfahren an der Lösung von Netzausbaufragen beteiligt werden können. Sehr schön und unter Zuhilfenahme diverser Grafiken veranschaulichen sie dabei die Zentralitäts‑Dezentralitäts‑Problematik der Energiewende. Auch Gustav Obermaier und Lorenz Jarras widmen sich dem Netzausbau und der Frage, „wofür und für wen“ (269) die vielen neuen Höchstspannungsleitungen gebaut werden. Sie kommen zu dem Schluss, dass „die offiziellen Netzausbauplanungen und einschlägige Netzausbaugesetze [...] gänzlich einseitig von den Interessen der Stromerzeuger geprägt“ seien. Zudem beruhten sie auf „volkswirtschaftlich fehlerhaften Ansätzen“ (288). Insgesamt vermittelt das Jahrbuch einen schnellen, kritischen Überblick über diverse Aspekte der Energiewende. Kritiker könnten monieren, dass die Darstellungen in ihrer Wahrnehmung dieser Jahrhundertaufgabe einseitig keynesianisch ausgerichtet sind. Anzuerkennen bleibt jedoch der Versuch, die Problematik umfassend in den Blick zu nehmen.
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Rubrizierung: 2.341 Empfohlene Zitierweise: Henrik Scheller, Rezension zu: Holger Rogall / Toni Engelhardt / Markus Karde / Sebastian Zeh (Bearb.): 4. Jahrbuch Nachhaltige Ökonomie. Marburg: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38989-4-jahrbuch-nachhaltige-oekonomie_46696, veröffentlicht am 22.10.2015. Buch-Nr.: 46696 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken