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Volker Lösch / Gangolf Stocker / Sabine Leidig / Winfried Wolf (Hrsg.)

Stuttgart 21. Oder: Wem gehört die Stadt

Köln: PapyRossa Verlag 2011; 199 S.; 10,- €; ISBN 978-3-89438-450-0
Ende 2010 machte der „Wutbürger“ publizistisch Karriere. Nachdem er von Dirk Kurbjuweit im Spiegel in der Beschreibung des aus der Mitte der Gesellschaft kommenden Protests gegen das Infrastrukturprojekt „Stuttgart 21“ aus der Taufe gehoben worden war, wurde er wenige Wochen später zum Wort des Jahres gewählt. Dieser Band ist eine gebündelte Artikulation dieses Wutbürgers. In insgesamt 20 Einzelbeiträgen werden die Positionen der Gegner von Stuttgart 21 – angefangen bei prominenten Bürgern, wie etwa Walter Sittler oder Konstantin Wecker bis hin zur Gruppe der Parkschützer – abgebildet, um, wie Walter Sittler in wohl nicht gespielter demokratischer Empörung fordert, „den Willen des Souveräns wieder in sein Recht zu setzen“ (7). Obschon diese Formulierung aus politiktheoretischer Perspektive schief ist, so ermöglicht sie doch, den Tenor des Bandes sowie dessen Erkenntniswert zu skizzieren. Da der Band ausschließlich den Gegnern von „Stuttgart 21“ vorbehalten bleibt, ist eine Diskussion, oder gar eine Konfrontation verschiedener Meinungen von vornherein ausgeschlossen – die formulierten Gegenpositionen können nie authentisch sein. Was also bleibt, ist ein Abbild der Protestpositionen, wie sie mit Stand Ende 2010 formuliert worden waren. Dieser eher dokumentarische Charakter des Bandes ist sicherlich nicht als minderwertig einzuschätzen, er ist jedoch – gewollt – parteiisch. Dass die Schlichtung selbst kaum thematisiert und die Schlichtungsprotokolle nicht eingearbeitet sind, ist zudem bedauerlich, jedoch aufgrund der knappen Zeit, in der der Band erstellt worden ist, verständlich. Auf der Habenseite der Bilanz bleiben indes die reichhaltigen Hinweise auf weiterführende Quellen und Dokumente sowie die Chronologie am Ende des Bandes, die die immerhin schon achtzehnjährige Geschichte des Konflikts und damit in Ansätzen auch dessen Tiefenstruktur verdeutlicht. Wer sich als Bürger über das Thema „Stuttgart 21“ informieren will, wird mit diesem Band – unter Berücksichtigung seiner Stärken und Schwächen – gut bedient sein. Ansonsten ist in wissenschaftlicher Hinsicht zum Thema „politischer Protest“ und „Stuttgart 21“ noch viel aufzuarbeiten.
Matthias Lemke (LEM)
Dr. phil., Politikwissenschaftler (Soziologe, Historiker), wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Helmut-Schmidt-Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.325 | 2.331 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Volker Lösch / Gangolf Stocker / Sabine Leidig / Winfried Wolf (Hrsg.): Stuttgart 21. Köln: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/33411-stuttgart-21_39976, veröffentlicht am 09.03.2011. Buch-Nr.: 39976 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken