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Sascha Huber

Strukturen des politischen Kontexts und die demokratische Kompetenz der Wähler. Experimentelle Studien zur Urteils- und Entscheidungsbildung

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2012 (Studien zur Wahl- und Einstellungsforschung 22); 432 S.; 69,- €; ISBN 978-3-8329-7653-8
Politikwiss. Diss. Mannheim; Begutachtung: F. U. Pappi, R. Schmitt‑Beck. – Der Autor fragt nach der Wirkung von strukturellen Rahmenbedingungen innerhalb eines politischen Systems auf die Güte demokratischer Urteils‑ und Entscheidungsbildung der Bürger. Den Ausgangspunkt seiner Studie bildet die Annahme, dass eine Demokratie nur so gut sein kann wie die Kompetenz der Bürger, eine Wahlentscheidung zu treffen. Eine qualitativ hochwertige Demokratie hat also Bürger, die mit Bedacht und anhand politischer Kategorien wählen. Diese Kompetenz wird gemeinhin von individuellen Dispositionen und kognitiven Fähigkeiten abgeleitet: Politisches Interesse und faktisches Wissen über Politik begünstigen demnach eine gute Wahlentscheidung. Huber fragt nun, welchen Einfluss institutionelle und strukturelle Faktoren auf die Güte politischen Urteilens haben und in welchem Verhältnis diese mit jenen individuellen Faktoren stehen. Er untersuchte diese Frage mittels mehrerer Experimente in verschiedenen Ländern. Den Probanden wurden unterschiedlich manipulierte Kandidatenbeschreibungen vorgelegt. Unter verschiedenen Bedingungen und in Variation zwischen präsidentiellen und parlamentarischen Wahlmodus wurden sie aufgefordert, ein Urteil zu fällen. Zusätzlich wurden in weiteren Experimenten die Kontexte dieser Entscheidung variiert. Güte wird in den Experimenten durch das Orientieren an politischen Aspekten in der Beschreibung der Kandidaten indiziert. Insgesamt kann der Autor zeigen, dass die Strukturen, innerhalb derer eine Wahl getroffen wird, Einfluss auf die Güte der Urteils‑ und Entscheidungsbildung haben und dieser sogar größer sein kann als entsprechende individuelle Faktoren. Zudem stellt er fest: „Je einfacher und klarer die politische Entscheidungsumgebung, desto leichter ist es auch für Wähler, sich bedeutungsvolle Urteile und Entscheidungen zu bilden.“ (365) Beispielsweise setzen die Betitelung (Erst‑ und Zweitstimme) oder die Anordnung der Stimmen auf dem Wahlzettel häufig weiteres, nicht sofort ersichtliches Wissen über das Wahlsystem voraus. Diese Anforderung könnte durch eine Umbenennung und Neuordnung der Stimmen vereinfacht werden. Entsprechend regt Huber die Diskussion an, inwieweit im Anschluss an seine Befunde ein Nachdenken über die Veränderung politischer Strukturen lohnenswert ist.
Luisa Lemme (LL)
M. Ed., Politikwissenschaftlerin, wiss. Mitarbeiterin, Institut für Politikwissenschaft, Universität Bremen.
Rubrizierung: 2.22 | 2.332 | 2.23 | 2.35 Empfohlene Zitierweise: Luisa Lemme, Rezension zu: Sascha Huber: Strukturen des politischen Kontexts und die demokratische Kompetenz der Wähler. Baden-Baden: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36441-strukturen-des-politischen-kontexts-und-die-demokratische-kompetenz-der-waehler_44716, veröffentlicht am 21.11.2013. Buch-Nr.: 44716 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken