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Christian Keuschnigg

Standpunkte zur österreichischen Wirtschaftspolitik

Wien: Passagen Verlag 2015; 178 S.; 18,90 €; ISBN 978-3-7092-0178-7
Die österreichische Wirtschaft wie auch die Gesellschaft stehen, so Christian Keuschnigg, vor erheblichen Herausforderungen: Es gelte nicht nur, die Arbeitslosigkeit zu reduzieren, sondern auch mehr Wettbewerbsdynamik zu ermöglichen, sei es im Bereich der Steuer‑, der Unternehmens‑ oder auch der Bildungspolitik. Österreichs Wirtschaft ist in den europäischen Binnenmarkt ebenso eingebunden wie in die Eurozone. Von daher ist jegliche Reform nach innen von Faktoren abhängig, die außerhalb des unmittelbaren Einflussbereichs der nationalen Regierung liegen. Stichwort Steuersystem: Zwar habe es, so Keuschnigg, in den zurückliegenden Jahren zahlreiche Reformen gegeben, die in Teilen etwa zur Abmilderung der Folgen der kalten Progression beigetragen haben. Allerdings reiche das bei Weitem nicht aus: „Eine große Strukturreform hat nicht stattgefunden. Grundlegende Probleme des österreichischen Steuersystems bleiben weiter ungelöst“ (48). Keuschnigg mahnt an, den weiteren Reformprozess unter Inanspruchnahme internationaler Beratung weiter zu forcieren. Ohne eine grundlegende Umstrukturierung – der Begriff der Vereinfachung, obschon im Raum schwebend, fällt nicht – sei ein leistungsfreundlicheres und gerechteres Steuersystem nicht zu haben. Stichwort Sozialstaat: Der Sozialstaat sei ohne Frage ein wesentlicher Standortfaktor moderner Staatlichkeit. Daher wiege es umso schlimmer, dass er sich in Österreich auf unterschiedlichen Ebenen – etwa auf jener des Pensionssystems – im „Ungleichgewicht“ (81) befinde. Keuschnigg plädiert dafür, nicht „mehr zu verteilen, als vorher erwirtschaftet wird“ – der Sozialstaat müsse insgesamt flexibler werden, stärker auf Prävention bauen und mit einer „guten Eigenkapitalausstattung“ (92) versehen sein. Ob und inwiefern hier der Kommodifizierung sozialer Vorsorgesysteme und damit im Klartext: dem Rückbau staatlicher, gesamtgesellschaftlicher Verantwortung zugunsten ihrer Privatisierung der Weg geebnet werden soll, bleibt im Vagen. Stichwort Steuerpolitik: An einer nachhaltigen Konsolidierung und einem „Sparpaket“ (101) führe kein Weg vorbei. Keuschnigg offenbart hier endgültig seine austeritätsaffine Haltung. Und so sehr man in diesem Kontext auch die Notwendigkeit von mehr Transparenz staatlichen Handelns hochhalten mag – letztlich bleibt doch klar, wer von derlei Maßnahmen am härtesten getroffen werden wird: diejenigen, die ob der Höhe ihres Einkommens auf die angemessene Wahrnehmung staatlicher Verantwortung angewiesen sind. Ansonsten enttäuscht das Buch: wenig Neues, vieles im Ungefähren.
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Rubrizierung: 2.42.262 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Christian Keuschnigg: Standpunkte zur österreichischen Wirtschaftspolitik Wien: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/40181-standpunkte-zur-oesterreichischen-wirtschaftspolitik_47789, veröffentlicht am 08.12.2016. Buch-Nr.: 47789 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken