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Andreas Kühn

Stalins Enkel, Maos Söhne. Die Lebenswelt der K-Gruppen in der Bundesrepublik der 70er Jahre

Frankfurt a. M./New York: Campus Verlag 2005; 358 S.; kart., 39,90 €; ISBN 3-593-37865-5
Geschichtswiss. Diss. Düsseldorf; Gutachter: B. Rusinek. – Wie ist es zu erklären, dass in einer Zeit der gesellschaftlichen Liberalisierung der Bundesrepublik nach 1968 relativ viele junge Menschen von der totalitären Lebenswelt kommunistischer Splittergruppen angezogen wurden? Diese Frage liegt hinter der Geschichte der westdeutschen K-Gruppen, wie Kühn schreibt. Aus heutiger Sicht ist es beinahe ein Kuriositätenkabinett, das hier auf breiter Quellenbasis zusammengetragen wird. Als Beispiele seien etwa der Personenkult um Stalin und Mao, die grotesk realitätsferne Verteidigung der Zustände in Staaten des Ostblocks, die Produktion und gewissenhafte Verbreitung auch noch der abwegigsten ideologischen Phrasen oder die Unterstellung, dass die Arbeiterschaft der Bundesrepublik auf eine Revolution hoffe, genannt. All diese und viele weitere Phänomene nimmt Kühn in seiner Studie, die kultur- und organisationsgeschichtliche Aspekte gleichermaßen berücksichtigt, akribisch in den Blick. Die Antwort auf die Frage, warum sich junge Intellektuelle für totalitäre Ziele engagierten, dafür auch ihre Karrierechancen aufs Spiel setzten, fällt demgegenüber ein wenig blass aus. Kühn beantwortet sie mit dem Hinweis auf einen doppelten Generationenkonflikt. Zum einen bekamen die K-Gruppen Zulauf von jüngeren Studenten, die nicht antiautoritär sozialisiert worden seien und darum für totalitäre Denkmuster empfänglich waren. Zum anderen erlaubte die Identifizierung mit der Arbeiterklasse eine Distanzierung von der Mitverantwortung am Nationalsozialismus, da die kommunistische Faschismusinterpretation ja die grundsätzliche Unschuld der Arbeiterklasse am Nationalsozialismus behauptete. Wie diese Abkehr von der deutschen Schuldfixierung in eine Verherrlichung kommunistischer Gewaltherrschaft mündete, bleibt trotzdem kaum verständlich.
Sebastian Lasch (LA)
M. A., wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Universität Jena.
Rubrizierung: 2.331 | 2.313 Empfohlene Zitierweise: Sebastian Lasch, Rezension zu: Andreas Kühn: Stalins Enkel, Maos Söhne. Frankfurt a. M./New York: 2005, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/24716-stalins-enkel-maos-soehne_28560, veröffentlicht am 25.06.2007. Buch-Nr.: 28560 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken