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Anne Huffschmid / Kathrin Wildner (Hrsg.)

Stadtforschung aus Lateinamerika. Neue urbane Szenarien: Öffentlichkeit – Territorialität – Imaginarios

Bielefeld: transcript Verlag 2013 (Urban Studies); 460 S.; kart., 25,90 €; ISBN 978-3-8376-2313-0
Mit diesem Sammelband wird der Versuch unternommen, aus kulturwissenschaftlicher und stadtethnologischer Perspektive die lateinamerikanische Stadtforschung für den deutschen beziehungsweise europäischen Wissenschaftsdiskurs zu erschließen. Das sei nötig, so die Herausgeberinnen, weil sich „in Lateinamerika Positionen und Beiträge zu einer internationalen Stadt‑ und Raumforschung herausgebildet [haben], die in der deutschsprachigen Öffentlichkeit kaum bekannt sind“. Unter Stadt verstehen die Herausgeberinnen einen durch die gegebenen materiellen Bedingungen sowie die sozialen Beziehungen konstituierten, „verdichteten und komplexen“ (9) Raum. Lateinamerika sei als einer der am stärksten von Urbanisierung geprägten Kontinente – man denke etwa bloß an Mexiko‑Stadt als „Paradigma für megastädtisches Wachstum“ (15) – geradezu ein Labor, das sich für die Untersuchung von Stadt, ihrem Entstehen und ihren Konflikten besonders gut eigne. Die zentrale Eigenschaft dieses Labors wiederum sei seine Vielschichtigkeit, was einen interdisziplinären Zugriff auf Stadt – wie er in den Estudios Urbanos im Sinne einer „komplexen Raum‑ und Stadtforschung“ (13) zur Anwendung komme – erforderlich mache. Aus dieser Sicht erklärt sich folgerichtig die große Bandbreite der versammelten Beiträge, die in zwei Kategorien unterteilt sind: einmal eher theoretisch fokussierte und einmal mehr an der konkreten Erscheinung Stadt interessierte Texte. Während die theoretischen Erschließungen von der sozialen Konstruktion von Räumen über die Ästhetik der städtischen Erfahrung bis hin zum Zusammenhang von Wohnort und Habitus reichen und dabei immer eine (Re‑)Lektüre eines einschlägigen Klassikers vornehmen (von Henri Lefebvre bis hin zu Pierre Bourdieu), enthalten die auf die Empirie des Städtischen fokussierten Beiträge eine ähnliche Bandbreite. Diese reicht von der Kunst der Körper über Kriminalität und den Umgang mit ihr bis hin zur städtischen Kultur – eine Auffächerung, die zwar angesichts der realen Praxis des Städtischen fragmentarisch bleiben muss, aber dennoch einen mehr als eindringlichen Einblick in faszinierende Facetten des Wohnortes der Mehrheit der Menschen dieses Planeten zu liefern vermag.
Matthias Lemke (LEM)
Dr. phil., Politikwissenschaftler (Soziologe, Historiker), wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Helmut-Schmidt-Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.65 | 2.21 | 2.22 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Anne Huffschmid / Kathrin Wildner (Hrsg.): Stadtforschung aus Lateinamerika. Bielefeld: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36300-stadtforschung-aus-lateinamerika_44276, veröffentlicht am 17.10.2013. Buch-Nr.: 44276 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken