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Renate Martinsen (Hrsg.)

Spurensuche: Konstruktivistische Theorien der Politik

Wiesbaden: Springer VS 2014 (Politische Aufklärung – konstruktivistische Perspektiven); XI, 234 S.; 34,99 €; ISBN 978-3-658-02719-3
Mit dem „Constructivist Turn“ veränderten die Geistes‑ und Sozialwissenschaften Mitte der 1970er‑Jahre ihre Werkzeuge: Die wissenschaftliche Beschreibung des Beobachteten setzte sich zunehmend mit dem Beobachtenden selbst, dessen Standpunkt und Vorannahmen auseinander. Wirklichkeit war nicht mehr mit objektiven Methoden abbildbar, sondern stellte den Prozess des Erkennens in den Mittelpunkt. Mit der Einschätzung, der Politikwissenschaft fehle eine fundierte Aneignung konstruktivistischer Perspektiven auf politische Wirklichkeit, überschreiben die Autorinnen und Autoren des Sammelbandes ihr Ziel, diese Ansätze fruchtbar zu machen. Sie vereint das Bestreben, einer „politologischen Aufklärung“ (4) gleich die Instrumente politischer Deutung zu hinterfragen, aber auch die politischen – genauer: demokratietheoretischen – Grundannahmen hinter der Systemtheorie Niklas Luhmanns sowie des Erlanger Konstruktivismus zu entdecken. Dies stärke die politische Theorie innerhalb der Politikwissenschaft. Die „konzeptuelle Herausforderung“ liege in der „grundbegrifflichen Klärung für die Politikanalyse“ (33). Dabei stehen die Begriffe Macht, Staat und Demokratie im Mittelpunkt. Ähnlich wie Hans‑Martin Schönherr‑Mann das Zusammenspiel von Macht und Wissen bei Michel Foucault danach sondiert, den Wandel seines Politikverständnisses zu beschreiben, sucht Benjamin Wilhelm hinter dem „vielleicht“ in Jacques Derridas „Politik der Freundschaft“ den Ort des Politischen. Welche Aussagen konstruktivistische Ansätze über politische Wirklichkeit treffen, welcher politischen Sprache sie sich bedienen und wie diese verstanden werden muss, wird parallel zur theoretischen Aneignung untersucht. Allerdings fehlt eine kritische Sicht auf die Grenzen konstruktivistischen Erkennens, die von Heinz Kleger und Jörn Knoblauch mit Blick auf den Begriff der „Konstruktion“ selbst nur angeschnitten werden. Vielfältige Ansätze des Konstruktivismus fungieren demnach als provozierendes „Konstruktionsangebot“ (164) politischen Denkens, dessen Operationalisierung und Kritik fortgeführt werden muss.
Ellen Thümmler (ET)
Dr., Politikwissenschaftlerin, wiss. Mitarbeiterin, Institut für Politikwissenschaft, Technische Universität Chemnitz.
Rubrizierung: 5.425.46 Empfohlene Zitierweise: Ellen Thümmler, Rezension zu: Renate Martinsen (Hrsg.): Spurensuche: Konstruktivistische Theorien der Politik Wiesbaden: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37588-spurensuche-konstruktivistische-theorien-der-politik_45835, veröffentlicht am 25.09.2014. Buch-Nr.: 45835 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken