Skip to main content
Anna Lena Menny

Spanien und Sepharad. Über den offiziellen Umgang mit dem Judentum im Franquismus und in der Demokratie

Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2013 (Jüdische Religion, Geschichte und Kultur 20); 477 S.; 99,99 €; ISBN 978-3-525-57030-2
Diss. LMU München; Begutachtung: M. Brenner, M. Baumeister. – Der Begriff Sepharad bezeichnet „die Phase jüdischer Existenz auf der iberischen Halbinsel unter christlicher und muslimischer (al‑Andalus) Herrschaft bis Ende des 15. Jahrhunderts“ (11), schreibt Anna Lena Menny. In Spanien werde gern an diese Zeit des scheinbar konfliktfreien Zusammenlebens von Juden, Mauren und Christen erinnert und diese als eine jahrhundertelange Tradition der Toleranz und Demokratie dargestellt. Dieses trikulturelle Erbe sei zu einem Synonym für Demokratiefähigkeit geworden und diene „dem Nachweis einer ‚europäischen Reife‘“ (421) des Landes. Anknüpfend an dieses Bild, das Teil des kollektiven Gedächtnisses des Landes sei, beleuchtet die Autorin Aspekte der staatlichen Haltung gegenüber der jüdischen Minderheit und dem jüdischen Erbe in den Jahren zwischen 1945 und 1992 und fragt nach Kontinuitäten sowie Brüchen. Der Nationalkatholizismus sei für den Franquismus von großer Bedeutung gewesen. Die Selbstbestimmung als katholische Nation habe nach dem Tod Francos noch nachgewirkt und berge bis in die Gegenwart gesellschaftliches Konfliktpotenzial. Menny widerspricht der weit verbreiteten Annahme, dass der Tod Francos im Jahr 1975 im Hinblick auf die spanisch‑jüdische Geschichte eine einschneidende Zäsur darstellte. Tatsächlich führten das Zweite Vatikanische Konzil sowie die wachsende Distanz zwischen der katholischen Kirche und dem Regime bereits zu Verbesserungen für die jüdische Minderheit in Spanien. Aber vor allem hätten sich die Rahmenbedingungen für das Judentum aufgrund der Religionsgesetze von 1967 und 1980 sowie der Verabschiedung der Kooperationsabkommen 1992 verändert. Die protestantischen, muslimischen und jüdischen Minderheiten seien mit der dominierenden katholischen Kirche de jure gleichgestellt worden. Zusätzlich habe das nach Ende der Franco‑Diktatur einsetzende Streben nach einer Integration in die Europäische Gemeinschaft zu einem Bedeutungsgewinn der trikulturellen und dadurch auch der jüdischen Vergangenheit geführt. Dennoch: Untersuchungen aus den vergangenen beiden Jahrzehnten deuteten auf eine weiterhin verbreitete Unkenntnis und Ressentiments gegenüber dem Judentum hin, die sich in antisemitischen Klischees und Einstellungen ausdrückten. Noch immer lasse sich in der Bevölkerung ein „latenter Antisemitismus“ (417) beobachten.
{STE}
Rubrizierung: 2.612.232.252.263 Empfohlene Zitierweise: Sabine Steppat, Rezension zu: Anna Lena Menny: Spanien und Sepharad. Göttingen: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38455-spanien-und-sepharad_45130, veröffentlicht am 28.05.2015. Buch-Nr.: 45130 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken