Mit diesem Buch legt einer der profiliertesten und erfahrensten Beobachter des deutschen (und internationalen) Wohlfahrtsstaates eine weitere Sammlung von Aufsätzen vor, die zugleich als Ergänzung und Weiterführung der Textsammlung „Sozialpolitik und Sozialstaat: Soziologische Analysen“ (siehe Buch‑Nr. 19069) gelesen werden kann. Der Titel „Sozialstaat als Kultur“ sollte dabei nicht die Erwartung schüren, dass Kaufmann seine Analysen um eine kulturwissenschaftliche Annäherung an die Thematik erweitert. Vielmehr wurden hier Texte zusammengestellt, die sich mit den kulturellen Grundlagen sozialstaatlicher Institutionen befassen – laut Kaufmann ein Thema, das zwar zum sozialwissenschaftlichen Allgemeingut gehöre, in der konkreten Analyse aber bis heute immer wieder vernachlässigt werde. Denn unterschiedliche historische Entstehungsbedingungen implizierten nicht nur variierende institutionelle Ausprägungen ein und derselben Sozialpolitik, sondern vielmehr ganz verschiedene Deutungen dessen, was Sozialpolitik/Sozialstaat ist und zu sein hat. Dies wiederum stellt viele der Herangehensweisen der klassischen komparativen Wohlfahrtsstaatenforschung infrage. Nun bietet das Buch zwar kein umfassendes Alternativprogramm, die Texte, die fast ausschließlich seit Kaufmanns Emeritierung im Jahr 1997 entstanden sind, enthalten aber viele konstruktive Anregungen für eine Weiterentwicklung der sozialwissenschaftlichen Wohlfahrtsstaatenanalyse. Drei einleitenden Beiträgen zum Thema „Kultur und Sozialstaat“ folgen dabei im zweiten Teil des Buches vier Abhandlungen zu historischen Quellen wohlfahrtsstaatlichen Denkens. Der dritte Teil ist normativen Grundbegriffen beziehungsweise sozialstaatlichen Leitideen gewidmet, wobei unter anderem dem Begriff der Sicherheit – ein Thema, das Kaufmann bereits in seiner Habilitationsschrift interessierte – ein prominenter Platz eingeräumt wird. Im letzten Teil des Buches geht es um Wertekonflikte – dabei sticht insbesondere ein Beitrag zur „Kritik des neutralen Geldes“ hervor, welcher bereits 1999 erstmals veröffentlicht wurde, aber gerade vor dem Hintergrund der jüngsten, währungskrisen‑induzierten Sozialstaatsdebatten aktueller denn je erscheint.