Die empirisch ausgerichtete Ungleichheitsforschung gehört zu den am besten ausgebauten Teilgebieten der Soziologie; folgt man den einzelnen Studien, so werden immer mehr Faktoren – Klasse, Milieu, Geschlecht, Ethnie, Alter, Region usw. – sozialer Ungleichheit entdeckt. Allerdings ergibt sich aus dieser Auffächerung von Dimensionen noch kein kohärentes Bild über die Zusammenhänge zwischen ihnen; es ist vielfach nicht einmal sicher, ob es sich wirklich um Ungleichheiten und nicht bloß um soziale Unterschiede handelt. Für Schwinn ist diese Lage Folge des Auseinandertretens zweier Forschungslinien: der Sozialstrukturanalyse auf der einen, der Differenzierungstheorie auf der anderen Seite. Während die Stärken der Sozialstrukturanalyse in der empirischen Fundierung ihrer Befunde liegt, gilt die Differenzierungstheorie als führend in der Formulierung von Gesellschaftstheorie – wenn auch oftmals ohne hinreichenden empirischen Bezug. Das betrifft zumal die prominenteste Gestalt der Differenzierungstheorie, die Systemtheorie Luhmanns, die nicht müde wird zu behaupten, soziale Ungleichheit habe heute ihre zentrale strukturelle Bedeutung verloren. Schwinn legt seiner Einführung – sie kann zugleich als anspruchsvolles Resümee der Debatte gelesen werden – die These zugrunde, soziale Ungleichheit und Differenzierung bildeten jeweils eigenständige Ordnungen und Strukturen aus, die wechselseitig füreinander Kontextbedingungen darstellten. Dementsprechend möchte er zeigen, dass soziale Ungleichheit nicht ohne institutionelle Einbettung zu verstehen ist wie umgekehrt Institutionen durch die sozialstrukturellen Verhältnisse mitbestimmt werden. Eine Verknüpfung der beiden Perspektiven nimmt der Autor dann exemplarisch an den Themen geschlechtsspezifische Ungleichheit, komplexe Ungleichheitsverhältnisse (Klasse, Ethnie, Geschlecht) und globale Ungleichheiten vor.