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Wolfgang Aschauer / Elisabeth Donat / Julia Hofmann (Hrsg.)

Solidaritätsbrüche in Europa. Konzeptuelle Überlegungen und empirische Befunde

Wiesbaden: Springer VS 2016; 262 S.; 39,99 €; ISBN 978-3-658-06404-4
Die Finanz‑ und Wirtschaftskrise in Europa ist noch lange nicht überstanden, nationale Abgrenzung zuungunsten des europäischen Gemeinwohls und eine allgemeine Verunsicherung existieren weiter. Mit diesem Befund leiten Wolfgang Aschauer et al. diesen Sammelband ein, der Brüchen der europäischen, aber auch der innerstaatlichen Solidarität nachspürt. Dabei verstehen sie diesen als einen soziologischen Beitrag, um die von ihnen ausgemachten Tendenzen der Entsolidarisierung in Europa zu analysieren. Der Band liefert dazu insgesamt elf Beiträge, die zwei Teilen zugeordnet sind. Im ersten werden systemische und soziale Dynamiken der Entsolidarisierung thematisiert und der zweite, umfangreichere Abschnitt ist den konkreten empirischen Ausdrücken dieser Dynamiken gewidmet. Bereits eingangs deuten die Herausgeber_innen die Bedeutungsschwere der Ereignisse in Europa an, wenn sie von „Signale[n] eines potentiellen Versagens der spätmodernen gesellschaftlichen Ordnung auf europäischer Ebene“ (2) schreiben. Aschauer et al. bieten zunächst einen Überblick über die Diskussion und Varianten des Konzepts der Solidarität in der Soziologie. Als Bewusstsein von Zusammengehörigkeit verstanden, steht Solidarität demnach im Spannungsverhältnis zu Prozessen der Individualisierung, was angesichts der Bedeutung von Solidarität als Grundlage für Gesellschaftsbildung gravierend erscheint. Max Haller präsentiert in seinem Beitrag einen Vorschlag, wie diesem Problem begegnet werden kann. Dazu greift er die Idee der abgestuften Integration auf, die ihm zufolge in wichtigen Aspekten bereits von der faktischen europäischen Integration reflektiert wird. Da für ihn Erweiterung und Vertiefung der EU „in einem klaren Widerspruch zueinander stehen“ (42), plädiert er für eine Version des Integrationsprojekts, in dem lediglich ein Kerneuropa, das sich als Rechtsgemeinschaft versteht, tiefere Integrationsmaßnahmen vollzieht. Den Institutionen der EU sei dabei jedoch kein supranationaler Charakter im Sinne wirklicher Regierungsfunktionen zu übertragen. Wie Entsolidarisierung konkret aussehen kann, zeigt Julia Hofmann am Beispiel Österreichs. Dazu betrachtet sie die Phänomene soziale Unsicherheit beziehungsweise Abstiegsangst. Als Indikator dient ihr die Verbreitung von Vorurteilen. Mittels umfangreichen Datenmaterials, das vor allem auf Meinungsumfragen basiert, kommt sie zu dem Ergebnis, dass „gruppenfeindliche Einstellungen in Österreich besonders stark ausgeprägt“ (254) sind. Diese haben insbesondere in den vergangenen Jahren enorm zugenommen. Die Ursache sieht sie unter anderem in dem von ihr dokumentierten Zusammenhang von sozialen Unsicherheiten und Deprivationen.
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Rubrizierung: 2.23.13.22.42.232.252.52.612.342 Empfohlene Zitierweise: Christian Patz, Rezension zu: Wolfgang Aschauer / Elisabeth Donat / Julia Hofmann (Hrsg.): Solidaritätsbrüche in Europa. Wiesbaden: 2016, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39479-solidaritaetsbrueche-in-europa_47771, veröffentlicht am 03.03.2016. Buch-Nr.: 47771 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken