
Social Dynamics 2.0: Researching Change in Times of Media Convergence. Case studies from the Middle East and Asia
Die jüngsten Volksaufstände und Revolutionen in der arabischen Welt werden vielfach als schlichte Folgeerscheinung bzw. Effekte des Web 2.0 besprochen. Dabei wird suggeriert, dass die durch die Verbreitung der neuen Medien gesteigerte Interkonnektivität mehr oder weniger unmittelbar zur Entstehung einer neuen kritischen, politischen Kollektivität führt. Gegen diese naive Kausalitätsannahme wird in diesem Band polemisiert. Denn es mag zwar sein, dass den neuen sozialen Medien gerade in autokratischen Regimen per se eine transformatorische Kraft innewohnt, doch muss auch dieser potenziell katalysierende Möglichkeitsraum erst durch lokale Nutzungspraktiken entsprechend aktiviert werden, um die ihm attestierten Wandlungsprozesse tatsächlich hervorzubringen. So beschäftigen sich die Autoren und Autorinnen der Beiträge mit der konkreten Nutzung und Aneignung der neuen sozialen Medien in ausgewählten arabisch-sprachigen sowie in süd- und südostasiatischen Ländern. Im Zentrum des Interesses stehen dabei politisch instabile Staaten wie Indonesien, Ägypten, Libanon und Iran. Die Forschungsergebnisse zeigen, dass die Rede von einem islamischen Internet an der Realität vorbeigeht. Vielmehr formieren sich in den untersuchten Ländern multiple „Gegenöffentlichkeiten“ (16), deren Narrative und Deutungsmuster die offizielle Medienberichterstattung auf unterschiedliche Weise herausfordern. Die Autorinnen und Autoren polemisieren mit ihren Analysen insbesondere gegen jene „quasi-teleologischen“ (20), modernisierungstheoretisch inspirierten Erklärungsmodelle, die aus der Verbreitung des Internets unmittelbar auf eine Modernisierung oder eine Verwestlichung schließen und damit das essenzialistische Vorurteil einer vordiskursiv gegebenen Diversität zwischen Orient und Okzident reproduzieren.