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Christian Meyer-Heidemann

Selbstbildung und Bürgeridentität. Politische Bildung vor dem Hintergrund der politischen Theorie von Charles Taylor

Schwalbach/Ts.: Wochenschau Verlag 2015 (Wissenschaft Politik); 239 S.; 2., überarb. Aufl. ; 24,80 €; ISBN 978-3-7344-0049-0
Politikwiss. Diss. Vechta; Begutachtung: K.‑H. Breier, I. Juchler, J.‑C. Merle. – Das Schulfach Politische Bildung soll zur Stabilisierung der Demokratie beitragen, indem junge Menschen zur politischen Beteiligung befähigt und darauf vorbereitet werden, ihre Bürgerrolle zu übernehmen. Christian Meyer‑Heidemann hinterfragt diese konventionelle Sichtweise: Wie sollen die Jugendlichen davon überzeugt werden, dass gerade sie sich politisch für die Demokratie einsetzen sollen? Wie kann eine Bürgeridentität herausgebildet werden? Der Autor untersucht, wie das Werk des kanadischen Politikwissenschaftlers und Philosophen Charles Taylor politikdidaktische Perspektiven erweitern und vertiefen kann. Taylor soll dabei aber nicht der „Status eines exklusiven Bezugsdenkers“ (25) verliehen werden, sondern sein politisches Denken als Inspiration dienen, in der politischen Bildung „heutige politische Selbstverständnisse in ihrer historischen Genese zu begreifen und die Paradoxien modernerer Gesellschaften als widerstreitende Selbstinterpretationen zu verstehen“ (24). Meyer‑Heidemann resümiert, dass Politikdidaktik eine praktische Wissenschaft vom Menschen sei. Sie müsse deshalb auch Kompetenzdimensionen vermitteln, die nicht operationalisier‑ und messbar seien. Überhaupt sollte die ergebnisorientierte Ausrichtung des Faches hinterfragt werden. Der Wunsch, objektives, messbares Wissen zu vermitteln, entspringe einem mechanistischen, gegenständlichen Wissensverständnis, das sich an den Naturwissenschaften orientiere. Nach Taylor könne aber „die politische Wirklichkeit nicht mit der modernen Empirie gleichgesetzten werden“ (22). Es gebe schließlich viele Arten von Wissen, die nicht ausschließlich der Repräsentation einer scheinbar unabhängigen Wirklichkeit dienten. Da sich politische Bildung mit dem menschlichen Handeln beschäftige, dürfe sie Emotionen, moralische Standpunkte und habituell gefestigte Grundeinstellungen nicht ignorieren, auch wenn sie nicht methodischer, exakter Messung zugänglich seien. Der Autor plädiert daher für eine grundsätzlich andere Auffassung von Lernen in der politischen Bildung – weg von der Anwendungsorientierung, hin zu Bildung, die vor allem der Selbstbildung dient und zu einer gelingenden Bürgeridentität beiträgt. Das Buch ist der erste Band der Reihe „Wissenschaft Politik“ des Wochenschau Verlags. Herausgegeben wird sie vom Autor selbst sowie von Sabine Achour, Tim Engartner und Peter Massing.
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Rubrizierung: 5.465.422.35 Empfohlene Zitierweise: Wolfgang Denzler, Rezension zu: Christian Meyer-Heidemann : Selbstbildung und Bürgeridentität. Schwalbach/Ts.: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38424-selbstbildung-und-buergeridentitaet_46828, veröffentlicht am 13.05.2015. Buch-Nr.: 46828 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken