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Rüdiger Sünner

Schwarze Sonne. Entfesselung und Mißbrauch der Mythen in Nationalsozialismus und rechter Esoterik

Freiburg i. Br./Basel/Wien: Herder 1999; 256 S.; geb., 36,- DM; ISBN 3-451-27186-9
Die "schwarze Sonne" bezeichnet den Mythos von einer "Art energiegeladener Finsternis am Anfang aller Dinge" (146), und diesen Mythos nimmt der Autor pars pro toto: als Beispiel für jene primär nordisch-germanische Mythologie, die sowohl dem Nationalsozialismus seine emotionale Schubkraft verlieh, als auch in Esoterik- und Neue Rechte-Kreisen eine ungeahnte Renaissance erlebt. Weil nach Auffassung Sünners "die mythologische Komponente des 'Dritten Reiches' bisher nur unzulänglich untersucht" (8) wurde, erforscht er ausgiebig die außerpolitischen Quellen dieses eminent politischen Phänomens - zu Recht, wie es scheint, denn die Massenwirksamkeit nationalsozialistischer Inszenierungen beruhte sicherlich zu einem großen Teil auf dem geschickten Umgang mit solch archetypischen Erfahrungen, wie sie in Mythen verdichtet sind. Sünner spannt den Bogen vom Beginn des Jahrhunderts bis zu dessen Ende, verfolgt also den Weg der relevanten Mythen von ihrer Wiedererstehung und Umformung zur Jahrhundertwende über ihre Verwendung in der NS-Zeit bis zur erneuten Wiedergeburt im New Age-Zeitalter. Es gelingt ihm dabei eine spannende, im übrigen auch ansprechend verfilmte, Zeitreise; auf welchen dunklen Urgründen nicht nur bestimmte Formen des Politischen (neben dem NS beispielsweise auch die Nationalitätenpolitik im Kosovo), sondern Kultur insgesamt ruht, versucht der Autor damit zu verdeutlichen, ohne zugleich das Verdikt über den Mythos zu verhängen. Inhaltsübersicht: 2. "Germanischer Frühling": Neuheidnischer Aufbruch um die Jahrhundertwende; 3. "Licht vom Norden": Mythen zur Herkunft und Überlegenheit der "Arier"; 4. Entwürfe und Praktiken einer neuen Kultreligion; 5. "Ordensburg" und "reines Blut": Der Mythos vom "Heiligen Gral"; 6. "Mittelpunkt der Welt": Die SS-Kult- und Schulungsstätte Wewelsburg; 7. Krieg als "Gottesdienst"; 8. "Schwarze Sonne": NS-Esoterik nach 1945; 9. Die Wiederkehr der alten Götter; 10. Vom Mißbrauch und Gebrauch der Mythen.
Barbara Zehnpfennnig (BZ)
Prof. Dr., Professur für Politische Theorie und Ideengeschichte, Universität Passau.
Rubrizierung: 2.333 | 2.331 | 2.35 | 2.312 Empfohlene Zitierweise: Barbara Zehnpfennnig, Rezension zu: Rüdiger Sünner: Schwarze Sonne. Freiburg i. Br./Basel/Wien: 1999, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/10694-schwarze-sonne_12645, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 12645 Rezension drucken