Skip to main content
Dietmar Dath

Rosa Luxemburg. Leben Werk Wirkung

Frankfurt a. M.: Suhrkamp 2010 (Suhrkamp BasisBiographie 35); 153 S.; 8,90 €; ISBN 978-3-518-18235-2
Nicht erst mit dem Ende des Ost-West-Konflikts haben Antistalinisten und linke Intellektuelle den Weg zu Rosa Luxemburg gefunden, um in ihrem Namen die Erneuerung des sozialistischen Projekts anzugehen. Die von nonkonformen Linken und vielen DDR-Dissidenten verehrte Politikerin schien offenbar einen Weg aus der Sackgasse zu weisen, in die sich der autoritäre Staatssozialismus durch die Parteiherrschaft manövriert hatte. Luxemburgs Formulierung, dass die Freiheit immer auch die Freiheit der Andersdenkenden sei, ließ schließlich den Schluss zu, dass es gangbare Alternativen gäbe. Dabei dürften sich jedoch die Allerwenigsten Gedanken darüber gemacht haben, dass auch sie die Voraussetzung für den Sozialismus in einem massiven Eingriff in die bestehenden Besitzverhältnisse sah. Sie war Antimilitaristin, aber keine Pazifistin, und ihr Einwand gegen die Parteiherrschaft, auf die sich ihre Anhänger noch immer berufen, richtete sich vor allem gegen die Schwerfälligkeit derartiger Organisationen, die zu Zeit- und Reibungsverlusten in revolutionären Situationen führe. Mit Lenin teilte sie den Gedanken, dass es gegen kompromisslerische Strömungen Abwehrmechanismen geben müsse. In seinem Werk demontiert der Marxist und ehemalige Feuilletonredakteur der FAZ Dath einen Mythos, der ein verzerrtes Bild von Luxemburg zeichnet. Dabei ist die in die Kapitel „Leben”, „Werk” und „Wirkung” gegliederte Biografie aber alles andere als eine Abrechnung – im Gegenteil. Dath findet warme Worte für das analytische Werk einer Politikerin, die in den Krisen des Kapitalismus keine Alterserscheinungen, sondern Kinderkrankheiten sah. Insofern liest sich auch die These, dass „das letzte Wort [...] nicht gesprochen” (11) sei, als Aufforderung an ihre Adepten, Luxemburgs Schriften endlich richtig zu studieren, um zu erkennen, dass der Kapitalismus weder durch Reformen noch durch ein historisches Gesetz überwunden wird. So radikal der Subtext dieses hoch verdichteten, gut recherchierten Faktenwerkes anmutet, so erfrischend ehrlich ist Daths Argumentation für die politische Debatte.
Michael Vollmer (MV)
M. A., Politikwissenschaftler, wiss. Mitarbeiter, Professur für Politische Theorie und Ideengeschichte, TU Chemnitz.
Rubrizierung: 5.46 | 2.311 | 2.1 Empfohlene Zitierweise: Michael Vollmer, Rezension zu: Dietmar Dath: Rosa Luxemburg. Frankfurt a. M.: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/30226-rosa-luxemburg_35865, veröffentlicht am 28.04.2010. Buch-Nr.: 35865 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken