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Sandra Petermann

Rituale machen Räume. Zum kollektiven Gedenken der Schlacht von Verdun und der Landung in der Normandie

Bielefeld: transcript Verlag 2007 (Sozialtheorie); XI, 350 S.; kart., 33,80 €; ISBN 978-3-89942-750-9
Phil. Diss. Mainz; Gutachter: U. Wardenga, H. Wissmann. – Wer besucht aus welchen Motiven ehemalige Kriegsschauplätze? Welche Auswirkungen hat die Gestaltung von Zeit und Ort im Zuge eines Gedenkens auf die Nachkriegsgenerationen? Die Autorin ordnet ihre Analyse in die handlungsorientierte konstruktivistische Sozialgeografie ein und zeigt dabei auch Schnittstellen zur Politikwissenschaft auf. Als Fallbeispiele dienen die Schlachtfelder von Verdun (Erster Weltkrieg) und die Schauplätze der alliierten Landung in der Normandie (Zweiter Weltkrieg). Petermann stellt die Akteure des Gedenkens vor (Vereine und staatliche Institutionen), die ritualisierten Veranstaltungen sowie die Besucher, zu denen viele Touristen gehören – die ehemaligen Schlachtfelder stellen mittlerweile einen wichtigen wirtschaftlichen Faktor in der Tourismusbranche dar. Beschrieben wird die Verzahnung von Religion, Geschichte und Politik bei der Ausgestaltung des Gedenkens. Zwar stellt die Autorin fest, dass viele Veteranen das Thema Politik lieber meiden. Tatsächlich aber ist die Politik präsent, die Veranstaltungen an den runden Jahrestagen sind für die Politiker „eine große Show“ (258). Neben nonverbalen Riten wie das Umarmen zweier Politiker identifiziert Petermann deren Ansprachen als einen besonders ausschlaggebenden Faktor bei der Konstruktion politischer Räume. Generell dienen die politischen Rituale dazu, „bestehende oder angestrebte Machtverhältnisse“ (298) zu legitimieren. Konkret werden in Verdun die innenpolitischen Probleme wie der Wiederaufbau, die Kriegsverluste sowie die sozialen und wirtschaftlichen Unruhen thematisiert. In der Normandie spielt der französische Widerstand eine größere Rolle, die Kollaboration des Vichy-Regimes aber tritt in den Hintergrund des Gedenkens daran, zusammen mit den Alliierten die Freiheit verteidigt zu haben. Petermann kommt zu dem Schluss, dass die Strukturierung von Raum und Zeit, die mit dem Gedenken vollzogen wird, einen wichtigen Beitrag dazu leisten konnte, dass gesellschaftliche und individuelle Kriegstraumata überwunden werden konnten.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.23 | 2.61 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Sandra Petermann: Rituale machen Räume. Bielefeld: 2007, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/28698-rituale-machen-raeume_33838, veröffentlicht am 09.05.2008. Buch-Nr.: 33838 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken