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Hans-Peter Schwarz

Republik ohne Kompaß. Anmerkungen zur deutschen Außenpolitik

Berlin/München: Propyläen Verlag 2005; 352 S.; geb., 20,- €; ISBN 978-3-549-07242-4
In gewohnt klarer Diktion liefert der Bonner Emeritus eine streitbare Standortbestimmung der deutschen Außenpolitik, gepaart mit einer teils scharfen Kritik an der rot-grünen Koalition. Noch nie sei eine deutsche Bundesregierung „derartig hurtig [...] in der Hamstertrommel der Widersprüche herumgesaust“ (30). Schwarz konstatiert fünf gravierende Veränderungen, auf die die deutsche Außenpolitik reagieren müsse: die verstärke Europäisierung, tiefere außenpolitische Interessengegensätze in Europa, ein Auseinanderdriften atlantischer und europäischer Bezugskreise, die Herausforderungen im Nahen und Mittleren Osten sowie die wirtschaftlichen Probleme. Insbesondere beunruhigt ihn das gestörte Verhältnis zu Amerika, das sich in einer starken Emotionalisierung der Debatten äußere. Schwarz macht demgegenüber deutlich, dass die Außenpolitik eines Landes auf Interessen und nicht auf diffusen Gefühlen beruhen sollte. Die Dämonisierung Bushs in der bundesrepublikanischen Diskussion kann er deshalb nicht nachvollziehen, obwohl er dessen Politik keineswegs gutheißt. Amerika ist für Schwarz immer noch ein unverzichtbarer Allianzpartner. Er warnt vor der Illusion, einen eigenen europäischen oder gar deutschen Weg ohne Amerika gehen zu wollen. Selbst Schröder und Fischer seien „in ihren guten Jahren von 1998 bis in den Sommer 2002 [...] mit einer Strategie des Sowohl-Als auch beim Bau Europas einerseits und bei der Modernisierung der atlantischen Partnerschaft andererseits nicht schlecht gefahren“ (111). Eine zu enge Anlehnung an Frankreich hält Schwarz deshalb ebenso wie die Option „Kerneuropa“ für falsch. „Bei geboten kühler Analyse spräche aus deutscher Sicht mehr dafür, die EU stärker im Sinn der englischen Vorstellungen zu entwickeln und weniger auf Paris zu hören.“ (194) Insgesamt plädiert Schwarz dafür, dass Deutschland nicht von seinen außenpolitischen Traditionen abrückt, aber sich einer Welt anpasst, in der die Bezugskreise nicht mehr krisenfest sind. Dazu gehöre auch, global mehr Verantwortung zu übernehmen: „Allzu häufig versteckt sich die Bundesrepublik hinter anderen, ohne klar Stellung zu beziehen.“ (251) Was das heißen kann, präzisiert der Autor insbesondere im letzen Kapitel über die deutsche Staatsräson.
Walter Rösch (WR)
M. A., Politikwissenschaftler.
Rubrizierung: 4.21 Empfohlene Zitierweise: Walter Rösch, Rezension zu: Hans-Peter Schwarz: Republik ohne Kompaß. Berlin/München: 2005, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/23980-republik-ohne-kompass_27588, veröffentlicht am 25.06.2007. Buch-Nr.: 27588 Rezension drucken