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Georg Pfleiderer / Alexander Heit (Hrsg.)

Religions-Politik I. Zur historischen Semantik europäischer Legitimationsdiskurse

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2013 (Religion – Wirtschaft – Politik 6 [2013]); 443 S.; brosch., 46,- €; ISBN 978-3-8329-7729-0
Historische Facetten des Themenkomplexes Religion und Politik werden in diesem Sammelband in aufschlussreicher Weise mit gegenwartsrelevanten Aspekten verbunden. Die Einleitung über „Legitimität und Religion“ von Otto Kallscheuer, Thomas Maissen, Raja Sakrani, Arnulf von Scheliha und Helmut Zander kann als ein erster Problemaufriss verstanden werden. Sie skizzieren nicht nur die direkte und politisch vermittelte religiöse Legitimität des Staates. Diskutiert wird auch der komplexe Prozess der Säkularisierung in einem eher auf strikte Trennung von Staat und Religionsgemeinschaften abzielenden Staat wie den USA und in einem säkularen Staat, der gleichwohl eine intendierte Kooperation mit der Religion eingeht. Letzteres treffe vor allem auf europäische Länder zu. Im Anschluss daran sei zu fragen, welche Religionsgemeinschaften für eine Kooperation mit dem Staat in Betracht kommen und wer darüber entscheiden soll. Insgesamt identifizieren die Autoren fünf Grenzdiskurse und Grauzonen im Zusammenhang des Verhältnisses von Politik und Religion. Dazu gehöre unter anderem die auch durch Migration hervorgerufene Pluralität an religiösen Glaubensvorstellungen und Glaubensgemeinschaften, die es notwendig mache, zu diskutieren, wie weit die „Anerkennung des Rechts auf eigene Rechte“ (35) gehen solle. Nach dieser Einleitung in die Thematik wird das spannungsreiche Verhältnis von Politik und Religion in fünf ansprechenden wie anspruchsvollen Beiträgen weiter expliziert. Dabei orientieren sich die Autoren etwas willkürlich an den „Grossbegriffen“ (7) politischer Semantik – „Entscheidung“, „Souveränität“, „Menschenwürde“, „Europa“ und „Recht“. Helmut Zander entwickelt zum Beispiel die These, dass das moderne Toleranzverständnis als eine normative Kategorie zur Organisation religiöser Pluralität direkt mit der christlichen Religion verbunden sei. Dies hänge damit zusammen, dass das Christentum den Glauben als eine individuelle Entscheidung verstehe. Wende man nun das moderne Toleranzverständnis zur politischen Konfliktlösung an, komme es zu einer ungewollten Bevorzugung des Christentums gegenüber anderen Religionen. Weitere Beiträge des Sammelwerkes, der von einem (weniger politikwissenschaftlichen) „Schwesterband“ (8) mit dem Titel „Religions‑Politik II“ ergänzt wird, befassen sich zum Beispiel mit der Legitimationskrise der EU oder dem Wandel islamischer Rechtskulturen in Europa.
Jan Achim Richter (JAR)
Dipl.-Politologe, Doktorand, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.23 | 3.4 | 3.1 Empfohlene Zitierweise: Jan Achim Richter, Rezension zu: Georg Pfleiderer / Alexander Heit (Hrsg.): Religions-Politik I. Baden-Baden: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36420-religions-politik-i_43651, veröffentlicht am 21.11.2013. Buch-Nr.: 43651 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken