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Philip Manow

Religion und Sozialstaat. Die konfessionellen Grundlagen europäischer Wohlfahrtsstaatsregime

Frankfurt a. M./New York: Campus Verlag 2008 (Theorie und Gesellschaft 68); 197 S.; kart., 27,90 €; ISBN 978-3-593-38752-9
Einer gängigen Erklärung zufolge wird der moderne Wohlfahrtsstaat als eine politische Antwort auf die von der Industrialisierung ausgelöste Forcierung des Klassenkonflikts gesehen und die zentrale Rolle der Arbeiterbewegung – konkret die der Gewerkschaften und sozialdemokratischen Parteien – in der Durchsetzung sozialer Rechte betont. Manow, Professor für Politikwissenschaft an der Universität Konstanz, hält diese Deutung allenfalls auf der Makroebene für plausibel, sie sei jedoch nicht geeignet, um die erhebliche institutionelle Varianz der europäischen Sozialstaatsmodelle zu begründen. Konzeptionell gesehen überschätzt der Machtressourcen-Ansatz die Bedeutung der industriellen Revolution und unterschätzt die Rolle, die dem Aufstieg des modernen Nationalstaates bei der Entwicklung der Wohlfahrtsstaatlichkeit zukommt. In Anlehnung an die Arbeiten von Stein Rokkan setzt sich der Autor mit den Faktoren auseinander, die die nationalspezifischen Modelle von Sozialstaatlichkeit hervorgebracht haben. Eine wichtige Weichenstellung ist in diesem Zusammenhang der Verlauf des Konfliktes zwischen Staat und Kirchen über die Zuständigkeiten in den Bereichen Schule, Erziehung und soziale Fürsorge Ende des 19. Jahrhunderts. Vor diesem Hintergrund ergaben sich unterschiedliche politische Koalitionen. Während in skandinavischen Ländern (in Kooperation mit der Lutherischen Staatskirche) die staatliche Zuständigkeit relativ konfliktfrei durchgesetzt werden konnte, galt das nicht für die kontinentaleuropäischen Länder, hier musste die Sozialstaatsbildung im Kompromiss zwischen konfessionellen und sozialdemokratischen Parteien gefunden werden. Manows sehr anregende Darstellung des Zusammenhangs von Religion und Sozialstaat ist aus einem gemeinsam mit Kees van Kersbergen (Universität Amsterdam) durchgeführten Forschungsprojekt „Religion and the Western Welfare State“ hervorgegangen.
Thomas Mirbach (MIR)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Lawaetz-Stiftung Hamburg, Lehrbeauftragter, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.2 | 2.22 | 2.23 | 2.61 | 2.3 | 2.35 Empfohlene Zitierweise: Thomas Mirbach, Rezension zu: Philip Manow: Religion und Sozialstaat. Frankfurt a. M./New York: 2008, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/29989-religion-und-sozialstaat_35543, veröffentlicht am 23.04.2009. Buch-Nr.: 35543 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken