Skip to main content
Michael von Brück

Religion und Politik in Tibet

Frankfurt a. M/Leipzig: Verlag der Weltreligionen im Insel Verlag 2008; 240 S.; 10,- €; ISBN 978-3-458-72010-2
Es sei zu bedenken, dass jedes politische Handeln im Spannungsfeld von vorgegebenen Zwängen und individueller Gestaltung angesiedelt sei, so von Brück, Professor für Religionswissenschaft in München. „Der ‚Mantel der Geschichte’, das Schicksal, die göttliche Vorsehung oder schlicht die Sachzwänge setzten einen Rahmen, der den Handlungsspielraum ermöglicht oder einschränkt“ (233). Von diesem eher politikwissenschaftlichen Ansatz aus gelingt es ihm, die Geschichte Tibets und das Wirken des Dalai Lamas in einem ganz spezifischen Spannungsfeld zwischen Religion und Politik zu deuten. Dies geschieht in dieser hervorragenden Analyse fernab einer westlichen Perspektive – von Brück räumt alle Projektionen auf Tibet aus dem Weg. Damit wird der Blick frei auf Institutionen und Akteure, deren Wirken nur aus einer besonderen Verschränkung und Verschmelzung von Politik und Religion zu verstehen ist. Bei allem Respekt vor dem tibetischen Buddhismus, dessen philosophische Tiefe sich nach Einschätzung von Brücks nur nach einem jahrelangen intensiven Studium erschließt, lässt er doch keinen Zweifel daran, dass Religion auch und gerade in Tibet immer wieder ein politisches Mittel war und ist. Er hebt in seiner Darstellung der Geschichte vor allem die Aspekte hervor, die für das Verständnis der Politik des gegenwärtigen Dalai Lamas von Bedeutung sind. So geht er auch auf die politische Relevanz eines scheinbar nur religiösen Konflikts ein, die Kontroverse um die Verehrung der Gottheit Shugden, die der Dalai Lama untersagt hat. Dabei geht es auch um die Einheit der Tibeter, die im eigenen Land langsam zur Minderheit werden und im Exil Schwierigkeiten haben, ihre kulturelle Identität zu bewahren. Von Brück verdeutlicht die Schwierigkeiten des Dalai Lamas, der alle Tibeter als kulturelle und religiöse Einheit auf eine eindeutige Form des Buddhismus ohne Volkskulte orientieren möchte. Gleichzeitig verändere er die tibetische (Exil-)Gesellschaft durch seine demokratischen Reformen auch politisch – und so werde die traditionelle tibetische Einheit von Politik und Religion fraglich.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.68 | 2.23 | 2.22 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Michael von Brück: Religion und Politik in Tibet Frankfurt a. M/Leipzig: 2008, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/30423-religion-und-politik-in-tibet_36116, veröffentlicht am 31.03.2009. Buch-Nr.: 36116 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken