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Menno Preuschaft

Religion, Nation und Identität. Eine Untersuchung des zeitgenössischen saudischen Diskurses zum Umgang mit religiöser Pluralität

Würzburg: Ergon 2014 (Kultur, Recht und Politik in muslimischen Gesellschaften 31); 427 S.; brosch., 58,- €; ISBN 978-3-95650-071-8
Diss. Münster; Begutachtung: M. Khorchide, H. Fürtig. – Menno Preuschaft setzt sich mit dem Zusammenspiel von Religion, Nation und Identität im aktuellen Diskurs im Königreich Saudi‑Arabiens auseinander. Er fragt, inwiefern angesichts einer von ihm ausgemachten jüngeren „Destabilisierung des saudischen Identitätssystems“ Diskussionen über die Pluralität der Weltanschauungen und islamischen Konfessionen existieren, die im Sinne eines „Diskurs über die nationale bzw. politische Identität“ (23) verstanden werden können. Seine umfangreiche Analyse wird dabei nicht nur von den Fragen geleitet, welche Rolle die Religion im Diskurs um die nationale Identität des Landes spielt und inwiefern der innerislamische Pluralismus zu einer Neuformulierung dieser Identität beiträgt. Preuschaft begibt sich ebenfalls auf die Suche nach Anzeichen im Diskurs der religiösen Eliten des Landes, die auf religiöse Pluralität im Sinne einer Ko‑Existenz der unterschiedlichen Ausrichtungen der islamischen Lehre hindeuten. Zentral für die Untersuchung ist dabei seine These, dass für das Königshaus die religiösen und politischen Sphären in einem wechselseitigen Abhängigkeitsverhältnis stehen und sich daraus Handlungs‑ bzw. Argumentationslogiken ergeben. Im Mittelpunkt der Analyse stehen Debatten, die von Intellektuellen im Rahmen des King Abd al‑Aziz Center for National Dialog (KACND) – eines innersaudischen Dialogforums, das sowohl Sunniten als auch Schiiten versammelt – geführt wurden. Neben einer grundlegenden Einführung in den Wahhabismus liefert Preuschaft zunächst eine ausführliche Darstellung der Entstehung und Institutionalisierung dieses nationalen Dialogs und der in diesem Rahmen zustande gekommenen Treffen inklusive der hier beratenen und verfassten Empfehlungen. Nach seiner Interpretation bot der KACND dem Könighaus „zum einen die Möglichkeit, sich selbst als […] Antriebskraft hinter der Schaffung einer Dialogkultur zu positionieren, und zum anderen die Kritik der Reformer in einem institutionalisierten Rahmen zu bündeln und damit zu kontrollieren“ (378). Insgesamt spiegeln die Debatten für Preuschaft ein Spannungsfeld zwischen einem aus dem wahhabitischen Islamverständnis herrührenden Interesse an der Bewahrung der national‑religiösen Identität Saudi‑Arabiens und einer notwendigen Öffnung gegenüber einer gesellschaftlichen, politischen und innerislamischen Pluralität wider. Dabei stelle sich den beteiligten Vertretern allerdings der „Weg der Säkularisierung des Staates – d. h. einer Entpolitisierung des Religiösen im Sinne einer strikten Trennung von Staat und Religion – und der nationalen‑kollektiven Identität [...] weder als gangbare noch als wünschenswerte Option“ (394) dar.
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Rubrizierung: 2.63 | 2.23 | 2.25 Empfohlene Zitierweise: Christian Patz, Rezension zu: Menno Preuschaft: Religion, Nation und Identität. Würzburg: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38593-religion-nation-und-identitaet_46827, veröffentlicht am 02.07.2015. Buch-Nr.: 46827 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken