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Simon Wolfgang Fuchs / Stephanie Garling (Hrsg.)

Religion in Diktatur und Demokratie. Zur Bedeutung religiöser Werte, Praktiken und Institutionen in politischen Transformationsprozessen

Berlin: Lit 2011 (Villigst Profile 11); XVI, 138 S.; 19,90 €; ISBN 978-3-8258-1435-9
Fuchs und Garling skizzieren einleitend drei Veränderungsprozesse im Verhältnis von Politik und Religion, die den inhaltlichen und analytischen Rahmen der weiteren Beiträge des Sammelbandes abstecken: erstens eine Ausdifferenzierung des Demokratieverständnisses, zweitens die Anerkennung einer Vielfalt religiöser Systeme und drittens die „Loslösung vom Postulat einer unaufhaltsam fortschreitenden Säkularisierung in der Moderne“ (XIII). Diese Neuorientierungen im Verhältnis von Religion, Staat und Demokratie beziehungsweise Demokratisierung werden in den Beiträgen sowohl in theoretisch-konzeptioneller Perspektive als auch anhand von regionalen und thematischen Einzelfallstudien ausgelotet. Gemeinsam ist den Autorinnen und Autoren, dass sie religiöse Diversität anerkennen und sich gegen eine pauschale Verneinung demokratischer Potenziale von islamischen Organisationen wenden. So fragt etwa Thomas Amberg am Beispiel Syriens, inwieweit der Islam zur Erosion eines autoritären Systems beitragen kann. Unter den islamistischen Bewegungen des Nahen Ostens habe sich annähernd der Konsens entwickelt, dass die Idee eines islamischen Staates gegenwärtig am besten nach den Prinzipien der Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte umgesetzt werden könne. Das Eintreten für demokratische Formen im gesellschaftlichen Diskurs sei allerdings, so Amberg, eng an einen konservativen Wertekanon geknüpft: Demokratisierungsprozesse in islamisch geprägten Ländern verbinden sich gerade nicht mit einer Säkularisierung im Sinne eines Bedeutungsrückgangs von Religion. […] Diese Ambivalenz von struktureller Liberalisierung und Wertekonservatismus lässt sich von der Türkei über Ägypten bis nach Marokko in ähnlicher Weise wie für Syrien beobachten.“ (55) Demgegenüber bescheinigt Tobias Traut der russisch-orthodoxen Kirche einen weiten Weg „bis ihre Positionen den Anforderungen einer demokratischen Kirche-Staat-Beziehung genügen und sie ihren Platz in der Gesellschaft gefunden hat“ (78). Im Diskurs über das Verhältnis von Religion und Demokratie werde Religion allgemein lediglich in ihrer funktionalen Dimension betrachtet, beklagt Stephanie Garling. Sie fragt, ob neue Pfade wissenschaftlichen Denkens überhaupt möglich sind oder „hier nur die politologisch-rationale Analyse [versagt]“ (9).
Anke Rösener (AR)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.23 | 2.2 | 2.25 | 2.62 | 2.67 | 2.68 | 2.63 Empfohlene Zitierweise: Anke Rösener, Rezension zu: Simon Wolfgang Fuchs / Stephanie Garling (Hrsg.): Religion in Diktatur und Demokratie. Berlin: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/33806-religion-in-diktatur-und-demokratie_40495, veröffentlicht am 29.09.2011. Buch-Nr.: 40495 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken