„Hat die Verfassungsrechtsprechung die Rechtsphilosophie verdrängt?“ insinuierte Christian Starck schon vor knapp zwei Jahrzehnten und machte darauf aufmerksam, wie randständig die Rechtsphilosophie in Lehre und Forschung geworden war. Dass sich am „Desinteresse der juristischen Fachkollegen und des wissenschaftlichen Nachwuchses“ (7) an jener rechtswissenschaftlichen Grundlagenforschung seitdem kaum etwas geändert hat, attestieren auch die Herausgeber dieses Sammelbandes. Anlässlich des 100. Jahrestages des 1907 von Josef Kohler gegründeten „Archiv für Rechts- und Sozialphilosophie“ (bis 1933 „Archiv für Rechts- und Wirtschaftsphilosophie“) hat am Bielefelder Zentrum für interdisziplinäre Forschung (ZiF) im Oktober 2007 eine Arbeitstagung zum Thema „Rechtsphilosophie im Wandel der Gesellschaft“ stattgefunden, deren Referatsbeiträge nun in Druckform vorliegen. Die einzelnen Artikel spiegeln dabei nicht nur die Geschichte jener Zeitschrift durch den Blick auf ihre Autoren (Smend, Schmitt, Radbruch, Kelsen etc.) wider, sondern bilden auch Momentaufnahmen der (rechts-)politischen Ereignisse des 20. Jahrhunderts ab. Die Verfasser (u. a. Hubert Rottleuthner, Alexander Somek und Matthias Klatt) erzählen somit einerseits von der internationalen Wirkkraft vergangener deutscher/deutschsprachiger Leistungen auf dem Gebiet der Rechtsphilosophie, andererseits schlagen sie eine Brücke ins Heute und regen zu der Überlegung an, ob hinsichtlich der Bearbeitung gegenwärtiger Fragen (Gentechnologie, Bioethik, Gleichstellungsfragen etc.) der juristischen Grundlagenforschung und -lehre nicht wieder mehr Raum zugestanden werden sollte.