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Felicia Rüger

Rechtsextremismus. Zusammenhänge mit der aktuellen Lebenssituation in Deutschland

Frankfurt a. M. u. a.: Peter Lang 2001 (Europäische Hochschulschriften: Reihe XXXI, Politikwissenschaft 424); 153 S.; brosch., 27,61 €; ISBN 3-631-36628-0
Ob die Europäischen Hochschulschriften des Peter Lang Verlags bewusst als ein deutscher Beitrag zur europäischen Wissenschaftskultur angelegt sind, ist dem Rezensenten unbekannt. Mit diesem Band 424 jedenfalls dürfte der ultimative Beweis erbracht sein, dass die politikwissenschaftliche Forschung made in Germany allemal in der wissenschaftlichen Champions League spielt. Befand man sich vor der Lektüre dieses Opus magnum noch in der irrigen Annahme, "Rechtsextremismus. Zusammenhänge mit der aktuellen Lebenssituation in Deutschland" (so der vollständige Titel), sei ein komplexer, nur auf breiter empirischer Grundlage und unter Aufbietung eines beträchtlichen Spektrums politologischer Analyseinstrumente zu bearbeitender Gegenstand - anderthalb Stunden später weiß man sich eines Besseren belehrt. Auf gerade einmal 153 Seiten mit gut 100 Fußnoten (von denen zwei Drittel die Ziffer 1 tragen) sowie auf der Basis von sage und schreibe 36 Literaturtiteln (Heitmeyer liegt mit drei Titeln übrigens klar in Führung vor Horkheimer) gibt die Autorin erschöpfend Auskunft über die Zusammenhänge des Rechtsextremismus mit Arbeitssituation, Individualisierung und Selbstverwirklichung, aber auch über die Auswirkungen der "Vernachlässigung ethischer Werte wie Achtung und Echtheit in der kapitalistischen Moderne" (Klappentext). Am Anfang freilich war das Wort, die Begriffsentfaltung: "Rechtsextremismus verstehe ich als eine in ihrem Ansatz logische und in ihrem Ausdruck - genau genommen - wenig verwunderliche Reaktion vieler in diesem System lebender Menschen auf die Krise des selben" (15). Am Ende werden dem bildungshungrigen Leser dann die Highlights der wissenschaftlichen Forschung präsentiert: "Die für die Entwicklung rechtsextremer Charakteristika [sic!] relevanten häufigsten und unmittelbaren Wirkungen der Lebenssituationen lassen sich grob so zusammenfassen als anhaltend erlebte Ohnmacht, Entfremdung, Desintegration und Not." (113) Da es mit der Wissenschaft wie mit der Hydra ist, stellen sich der Autorin im "Ausblick" noch neue, wohl die zukünftige Forschung leitende Fragen wie diese: "Wie groß auch ist der Unterschied zwischen Waffengewalt und der des Geldes oder der des Rechtes?" En passant wird den treuesten Lesern abschließend die Wahrheit über das Verhältnis zwischen Rechtsextremismus und Faschismus offenbart (117 f.) und sie werden darüber aufgeklärt, dass "DIE ZEIT" eine Tageszeitung ist (vielleicht in Eriwan?). Selbst wenn da die eine oder andere Frage zum Rechtsextremismus offen bleiben mag, dieses Buch gehört in jede studentische Büchersammlung. Für von Selbstzweifeln geplagte Magistranden und Diplomanden ist es wahre Lebenshilfe, lautet die frohe Botschaft doch: Jede(r) kann's! Sollte es mit der Qualifikationsarbeit trotzdem Schwierigkeiten geben, dann wird sich doch immer noch ein Verlag finden, der die sich gelehrt gebenden Ausführungen publiziert - einzige und unabdingbare Voraussetzung ist das Aufbringen des Druckkostenzuschusses.
Michael Edinger (ME)
M. A., wiss. Mitarbeiter, Sonderforschungsbereich 580, Universität Jena (www.uni-jena/svw/powi/sys/edinger.html).
Rubrizierung: 2.37 Empfohlene Zitierweise: Michael Edinger, Rezension zu: Felicia Rüger: Rechtsextremismus. Frankfurt a. M. u. a.: 2001, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/15178-rechtsextremismus_17250, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 17250 Rezension drucken