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Ina Ketelhut

Rechtsextremismus in den USA und Frankreich. Eine Fallstudie über das Wählerpotential von Jean-Marie Le Pen und George Wallace

Frankfurt a. M. u. a.: Peter Lang 2000 (Kieler Schriften zur politischen Wissenschaft 11); 329 S.; brosch., 89,- DM; ISBN 3-631-35642-0
Diss. Kiel; Gutachter: E. Keynes. - Die interdisziplinär angelegte Fallstudie verbindet die Forschungsbereiche Politikwissenschaft, Soziologie und Sozialpsychologie und stellt "die Wähler, die bereit sind, in demokratischen Wahlen jenen Parteien und Kandidaten ihre Stimme zu geben, die auch auf der Grundlage der eigenen Wahrnehmung am äußersten rechten Rand des politischen Spektrums angesiedelt werden" (21) in den Mittelpunkt. Die Autorin entfaltet auf der Grundlage theoretischer Modelle u. a. von Erwin Scheuch, Hans Klingemann, Brewster Smith und Franz Pappi ein Variablenmodell und leitet Thesen zur Erklärung rechtsextremen Wahlverhaltens ab, die - und das ist das Neue beziehungsweise der Nutzen der Dissertation - anhand der sozialwissenschaftlichen Untersuchung der Wählerpotenziale der American Independent Party und des Front Nationale einzeln empirisch überprüft werden. Ketelhuts zentrale These lautet, dass die Wahlen von Wallace und Le Pen "alternative Ausdrucksformen für die gleiche verursachende Konstellation [sind]. In beiden Fällen handelt es sich um eine 'normale' Pathologie von freiheitlichen Industriegesellschaften" (29). Die aufeinander aufbauenden Einzelthesen lauten: "(1) Die Strukturgemeinschaften westlicher Industriegesellschaften führen im Alltag ihrer Mitglieder zu normativen Brüchen. Das Individuum sieht sich widersprüchlichen Anforderungen auf verschiedenen Ebenen ausgesetzt und empfindet Spannungen. (2) Die Widersprüche und Spannungen führen zu einem Gefühl der Unsicherheit. (3) Das Individuum reagiert auf das Gefühl der Unsicherheit mit rigiden Orientierungssystemen, die mit aggressiven Formen der Verteidigung verbunden sein können. (4) Personen mit rigiden Denk- und Orientierungssystemen bilden das Potential, dessen Mobilisierung wesentlich von folgenden Faktoren abhängt: a) der Verfügbarkeit extremistischer Sentiments in Form politischer Philosophien; b) einer unzureichenden mediatisierenden Wirkung der politischen Institutionen eines Landes; c) dem krisenhaften Zustand des politischen Systems und der Gesellschaft; d) dem Versagen der politisch Verantwortlichen bei der Lösung der als dringlich empfundenen Sachfragen in der Politik." (84 f.) Die Datenbasis bildeten zwei große Wahlstudien, die eine von 1968 (Präsidentschaftswahlen USA) und die andere von 1995 (Präsidentschaftswahlen Frankreich). Ketelhut geht es darum, nicht nur die dargestellten Thesen zu überprüfen, sondern auch ein erprobtes Modell zu liefern, mit dessen Hilfe auch Wahlerfolge anderer rechtsextremer Parteien erklärt werden können.
Karsten Rudolf (KRu)
Dr.
Rubrizierung: 2.25 | 2.61 | 2.64 | 2.22 Empfohlene Zitierweise: Karsten Rudolf, Rezension zu: Ina Ketelhut: Rechtsextremismus in den USA und Frankreich. Frankfurt a. M. u. a.: 2000, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/12924-rechtsextremismus-in-den-usa-und-frankreich_15491, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 15491 Rezension drucken