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Christina Isabel Fischer

Raymond Arons Fragestellung: Liberale Geschichtsphilosophie als politische Handlungstheorie

Berlin: Lit 2012 (Politische Theorie 21); 172 S.; brosch., 29,90 €; ISBN 978-3-643-11779-3
Raymond Aron hat in der Mitte des 20. Jahrhunderts zu zahllosen tagesaktuellen Ereignissen und zu damit verbundenen, gleichzeitig darüber hinaus weisenden theoretischen Problemen Stellung bezogen. Dabei wurde ihm von den Praktikern der Macht gerne mangelnde Praxisorientiertheit, von den Theoretikern gerne mangelnde Theoriegebundenheit vorgeworfen. War er nun also journalistischer Philosoph oder philosophierender Journalist? Fischer geht in diesem Zusammenhang der Frage nach, inwieweit sich Aron tatsächlich dem Vorwurf mangelnder Konsequenz zu stellen hat und fragt nach der Kohärenz in seinem Denken und Handeln. Dazu beginnt sie mit einer Analyse seines philosophischen Geschichtsbildes. Aron hat es nach eigener Aussage durch Kant geprägt entwickelt. Geschichtsphilosophie, so resümiert Fischer, sei für Aron die „Handlungsanleitung der Realpolitik“ (17). Aus der Geschichte lasse sich vor allem lernen, dass der Staat die Freiheit des Einzelnen nach innen und nach außen zu schützen habe. So erkennt Fischer bei Aron u. a., dass das Staatsinteresse höher zu bewerten sei als die Freiheit des Einzelnen, starke Strukturen den Einzelnen zur politischen Teilhabe und damit zur Ausübung der individuellen Freiheit erzögen. Denn nur die „Unterwerfung unter eine demokratisch‑liberale Autorität [verhindere] eine doktrinäre Ideologie“ (102). Basierend auf einem pluralistischen Verständnis sei für Aron die Demokratie ein Mittel, die Freiheit aufrechtzuerhalten, und keineswegs ein Selbstzweck. Fischer zeigt damit, wie sehr die philosophische Fundierung Arons auf praktisches Handeln ausgerichtet ist, versehen mit der Bereitschaft, dabei auch den Krieg von Demokratien als Handlungsoption mitzudenken. Inhaltlich bietet dieser Band eine überblicksartige Zusammenfassung der Aron‘schen Thesen. Diese und auch Fischers Darstellungsraster dieser Thesen, die sie inhaltlich nach den Fragen „Was kann ich wissen?“, „Was soll ich hoffen?“ und „Was muss ich tun?“ gliedert, macht das Buch lesenswert. Es bietet eine interessante Sicht auf die gedanklichen Grundlagen des politischen Philosophen und Journalisten Raymond Aron.
Jens Wassenhoven (JWN)
Dipl.-Kfm., Dr., Politikwissenschaftler.
Rubrizierung: 5.46 | 5.42 | 5.44 Empfohlene Zitierweise: Jens Wassenhoven, Rezension zu: Christina Isabel Fischer: Raymond Arons Fragestellung: Liberale Geschichtsphilosophie als politische Handlungstheorie Berlin: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/35754-raymond-arons-fragestellung-liberale-geschichtsphilosophie-als-politische-handlungstheorie_43335, veröffentlicht am 14.03.2013. Buch-Nr.: 43335 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken